Filmplakat: Spoon

FBW-Pressetext

Alles hat angefangen, als seine Mutter einmal sehr wütend wurde. Sie nahm einen Kochlöffel und schlug ihm auf den Kopf. „Tock tock tock“. Immer wieder, bis der Löffel zerbrach. Dann nahm sie etwas anderes. Er konnte sich nicht wehren, wusste nicht wie, er war ja noch ein Kind. Heute ist er erwachsen. Die Narben auf seinem Kopf sind verheilt. Doch die Erinnerungen sind noch da. Und sie werden wahrscheinlich für immer bleiben. In SPOON erzählt der Filmemacher Markus Kempken seine eigene Geschichte. Fragmentarisch werden Szenen aus seiner Kindheit sichtbar gemacht. Eine kurze schreckhafte Geste des Kindes, eine gewaltsame Geste der Mutter, eine Begegnung mit Nachbarn, Bekannten, die alle nichts ahnten. Und auch der Vater – nur als vorbeihuschendes Etwas gezeichnet, das jeden Morgen zur Arbeit geht und nichts gesehen hat. Oder nichts sehen wollte. Geschickt leitet Kempken die Geschichte, die in Schwarz-Weiß-Bildern minimalistisch gezeichnet, animiert und mit einem eindringlichen und doch simplen Sounddesign vertont ist, mit einer wunderschönen farbig gestalteten Impression ein. Ein Blick in eine Baumkrone, das Sonnenlicht glitzert durch die Blätter. Doch nicht alle Erinnerungen aus der Kindheit sind schön. Und so nimmt Kempken den Zuschauer mit in seine Geschichte. Offen, ehrlich und schonungslos. Der Film verurteilt dabei nicht, sondern stellt nur dar. Es ist keine Anzeige, kein moralischer Fingerzeig. Dazu bietet der Film auch keine Lösung an. Ein Film, der erschüttert, beeindruckt und Mut machen kann.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Markus Kempken
Drehbuch:Markus Kempken
Kamera:Markus Kempken
Schnitt:Markus Kempken
Länge:3 Minuten
Produktion: Markus Kempken

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Immer wieder sind es Gegenstände, die Markus Kempken in seinem animierten Kurzfilm Spoon als stumme Zeugen häuslicher Gewalt auftreten lässt - so wie etwa der Titel gebende hölzerne Kochlöffel, der irgendwann zerbricht. Ein ebenso einfaches wie nachdrückliches und verständliches Symbol für das Leiden, welches der kleine Junge, von dem die Geschichte handelt, hier erleben muss.

Mit SPOON ist Markus Kempken ein sehr eindringlicher Film zum Thema häusliche Gewalt gelungen - eine Art Erinnerungsarbeit der besonderen Art, die innerhalb von nur drei Minuten Laufzeit und ohne falsche Emotionalität, sondern mit erfrischender Nüchternheit von der Tragödie einer Kindheit und deren Auswirkungen bis in die Gegenwart erzählt. Besonders beeindruckend sind dabei die Bildsprache und das Sounddesign, die diesen Animationsfilm aus der Masse herausheben.

Zunächst farbig und in Form von Erinnerungsfetzen ermöglicht der Film dem Zuschauer einen schnellen, assoziativen und zunächst schönen Zugang zur Vergangenheit, die wohl jeder in ähnlicher Form erlebt hat, bevor dann die Gewalt (ausgehend von der Mutter, was die Tabuisierung des Themas noch einmal verdoppelt) das Grundgefühl jäh verändert. Kongenial ist hier die Farbgestaltung, die das Bedrückende und Beengende in wundervoll reduzierten Schwarzweiß-Bildern einfängt.

Dabei beeindruckt an Kempkens Herangehensweise auch der klar und sehr nüchtern vorgetragene Off-Kommentar, der durch die Wahl von Englisch als Sprache eine zusätzliche Distanz einbaut, die es dem Zuschauer leichter macht, die gezeigten Sachverhalte zu ertragen, ohne dadurch an Wirkung zu verlieren.

Ein in der gesamten erzählerischen Haltung und in der Wahl der gestalterischen Mittel außergewöhnlicher Film, der zudem überaus persönlich und berührend geraten ist. Die Jury der FBW erteilt einstimmig das Prädikat „besonders wertvoll“, verbunden mit dem Wunsch und der Empfehlung, dass dieser Film seinen Weg findet in die Präventionsarbeit bei Kindern und Jugendlichen.