Sing! Inge, sing! - der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg

Kinostart: 27.10.11
2011
Filmplakat: Sing! Inge, sing! - der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg

FBW-Pressetext

Die Jazzsängerin Inge Brandenburg (1929-1999) gilt als tragische Figur des Musikgeschäfts. In ihrer Zeit eine von der Kritik gefeierte Künstlerin, wurde sie vom Publikum stets missverstanden und nach ihrem Schaffenshöhepunkt auch viel zu schnell wieder vergessen. Marc Boettcher begibt sich auf die Spuren ihres Lebens, untersucht ihre schwere Kindheit, die Brandenburg hauptsächlich in Heimen verbrachte, ihre anfänglichen Schritte als Sängerin in Frankfurter Jazzkellern, bis hin zu ihrem Erfolg als Europas erfolgreichste Jazzkünstlerin. Dabei verwendet Boettcher dokumentarische Filmaufnahmen und eine Fülle an Interviews, um ein komplexes und detailgenaues Bild der Inge Brandenburg zu zeichnen. Oft lässt Boettcher aber auch nur die Sängerin selbst die Regie übernehmen. Konzertmitschnitte und Tonaufnahmen zeigen den Zauber der Musik, der von ihr ausging. Inge Brandenburg war eine Ausnahmekünstlerin, der dieser Film ein wunderbares Denkmal setzt.
Prädikat wertvoll

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Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Marc Boettcher
Drehbuch:Marc Boettcher
Kamera:Oliver Staack
Länge:117 Minuten
Kinostart:27.10.2011
Verleih:Salzgeber
Produktion: MB-Film Marc Boettcher, Arte; NDR; HR;
FSK:12
Förderer:DFFF; FFHSH

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Kaum einer kennt sie, dabei war sie eines der großen Jazztalente Deutschlands. Die Sängerin Inge Brandenburg hat nicht etwa eine große Karriere gemacht wie ihre Kollegin und Zeitgenossin Caterina Valente. Sie war schon so vergessen, dass der zufällige Fund eines alten Albums mit ihren Autogrammkarten auf einem Flohmarkt der Auslöser dieses Films wurde, für den der Regisseur Marc Boettcher vier Jahre lang recherchierte. Diese Arbeit war so gründlich, dass im Film nun manchmal schon allzu genau die Lebensgeschichte der Sängerin erzählt wird – ein paar Zeitzeugen weniger hätten auch gereicht und mit einer Spielzeit von zwei Stunden ist der Film deutlich zu lang geraten. Aber es wird auch schnell erkennbar, dass dies nicht nur eine Dokumentation, sondern auch ein Dokument ist – dass hier möglichst viele Auftritte von Inge Brandenburg veröffentlicht werden sollen, denn jeder einzelne von ihnen belegt, was für eine außergewöhnliche Musikerin und Performerin sie gewesen ist. Diese Originalaufnahmen mit den Interpretationen vieler Standards aus dem Songbook des amerikanischen Jazz bilden das Zentrum des Films - und es überrascht, wie zahlreich und wie gut diese Ausschnitte aus Fernsehproduktionen, Spielfilmen, Konzertmitschnitten und Features sind. Durch sie bekommt man zumindest eine Ahnung von der Originalität und stimmlichen Ausdrucksstärke dieser Frau, für deren außergewöhnliches Talent es im Deutschland ihrer Zeit einfach nicht genügend Publikum gab.

Boettcher erzählt ihre Lebensgeschichte und er beginnt früh in ihrer Kindheit. Ihr schwieriger Charakter, das chaotische Liebesleben und ihre Schwäche für den Alkohol erklären sich zum Teil sicher auch durch die schwere Kindheit. Die Eltern waren arm und wurden beide im Dritten Reich verfolgt und umgebracht. Danach wuchs sie als Heimkind auf und wurde auf der Flucht aus der sowjetischen Besatzungszone vergewaltigt. In Westdeutschland entdeckte sie dann die Jazz-Musik und begann bald in amerikanischen Tanzclubs zu singen. Boettcher zeichnet ihre Karriere mit den wenigen Hochs und vielen Tiefs akribisch genau nach. Dabei beeindruckt die Sorgfalt, die er bei der Auswahl der Dokumente, des Archivmaterials und der Zeitzeugen an den Tag legt. Nebenbei wird hier auch am Beispiel Inge Brandenburgs eine kleine Kulturgeschichte der populären Musik im Nachtkriegsdeutschland ausgeführt – wobei das mangelnde Interesse der Deutschen an gutem Jazz und die ständigen Lockungen durch den Schlagerkommerz die Leitmotive sind. Erzählt wird aber auch die tragische Geschichte einer extrem komplexen und widersprüchlichen Frau, die so kompromisslos für ihre Art von Musik eintrat, dass sie schließlich nicht nur kommerziell scheitern musste. Und dennoch ist der Film nicht deprimierend, denn immer wieder sieht und hört man, wie Inge Brandenburg den Jazz singt – und dies tut sie mit solch einer intensiven Freude an der Performance, dass spürbar wird, dass sie zumindest in den Momenten, in denen sie ein Mikrophon vor sich hatte, ein glücklicher Mensch gewesen sein muss.