Promenade
FBW-Pressetext
Eine ältere Dame fährt in einem Taxi durch die Ruinen Beiruts. Als sie schließlich an einem stark verfallenen Haus ankommt lächelt sie,denn sie fühlt sich zuhause. Sie tritt ein und streift andächtig durch die Räume. Als sie wieder gehen muss, dahin, wo sie sich fremd und nicht heimisch fühlt, nimmt sie Stück für Stück etwas mit, um wieder neu zu beginnen. Der Kurzfilm von Sabine El Chamaa begeistert nicht nur durch die exzellente Kameraführung und die symbolische Bildsprache. Es ist vor allem das Gefühl der Heimatlosigkeit, der schmerzvollen Erinnerung an verlorene Zeiten und die Akzeptanz des unwiderruflichen Loslassens, welches die Regisseurin durch ihre dialoglose Geschichte vermittelt. Die Musik unterstützt die Bilder, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Ein starker Film, der viel sagt und dafür keine Worte braucht.Filminfos
Gattung: | Kurzfilm |
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Regie: | Sabine El Chamaa |
Darsteller: | Mona Melhem; Halim Abou Samara; Petra Abousleiman |
Drehbuch: | Sabine El Chamaa |
Kamera: | Grzegorz Korczak |
Schnitt: | Katrin Reichwald |
Musik: | Natalia Dittrich |
Länge: | 11 Minuten |
Produktion: | Neos Film GmbH & Co. KG |
FSK: | 12 |
Jury-Begründung
Beirut: Eine alte Dame lässt sich mit einem Auto in eine Ruinenlandschaft fahren. Zielgerichtet geht sie in ein zerstörtes Haus, steigt die Treppen hoch, schließt mit einem Schlüssel eine offene Tür auf. Sie streift durch die verwüsteten Räume, setzt sich kurz nieder und sammelt an verschiedenen Stellen Steine ein. Teile der Erinnerung an schöne Zeiten vor dem Krieg in ihrem Haus? Wieder zurück in der neuen Wohnung, wo sie von ihrer Tochter zärtlich empfangen wird, schichtet sie neben ihrem Bett Stein für Stein aufeinander, eine Wand der Erinnerungen.Der Kurzfilm erzählt eine bewegende Geschichte über den Verlust von Heimat und familiären Traditionen, von Wehmut und Sehnsucht nach Frieden. Dabei verzichtet er völlig auf Sprache und vertraut ganz der Ästhetik seiner schwarz-weißen Bilder, die durch Kameraführung und Montage sehr eindringlich gestaltet und in einen suggestiven Rhythmus gebracht sind. Die Tonebene verstärkt die Aussagekraft des Films durch eine sehr sensible Mischung von Geräuschen und Musik: Kriegsgeräusche begleiten den Besuch im zerstörten Haus, technische Klänge unterstreichen die Fremdheit der neuen Umgebung; die Musik bringt Steine zum Klingen und übernimmt den Dialog von Mutter und Tochter.
Die animatorischen Bildeinschübe mit Baumaschinen und einstürzenden Ruinen wurden – gerade in ihrer abstrakten Form – von der Mehrheit des Ausschusses als Stilmittel gewertet, die an bestimmten Stellen den dokumentarischen Eindruck zerstören und wie ein Vorhang – z.B. nach dem Besuch des zerstörten Hauses – den Blick auf etwas Neues ermöglichen. So wirkt auch die Mauer am Ende des Films wie ein Bühnenelement, das den Übergang von der realistischen Ebene in das Innenleben oder die Traumwelt der Frau verdeutlicht und ihre Vergangenheit zum Leben erweckt.