Pictures I didn’t take

Filmplakat: Pictures I didn’t take

FBW-Pressetext

Ein unbekannter Sprecher auf einem Tonband, das die Regisseurin auf einem Flohmarkt erstanden hat, beschreibt Bilder einer Reise, die nicht zu sehen sind. Immer wieder strauchelt er im Sprechen, beginnt von vorn, verbessert sich, denkt an die Präsentation. Die Filmemacherin und Künstlerin Anna Grabo folgt diesen beschriebenen Bildern auf einer eigenen Reise nach New York, findet gleiche und andere Orte, interpretiert Gesagtes und interviewt Bewohner*innen der Stadt, wie deren eigener Film aussehen würde. Gerade dadurch öffnet PICTURES I DIDN’T TAKE als Film ein Fenster zu vielen verschiedenen Facetten einer anderen Welt. Indem Anna Grabo die eigene Vorstellungskraft mit der der Bewohner New Yorks vermischt, wird ihr Film zu einer audiovisuellen Projektion, die jeder Betrachter auch mit eigenen Ideen füllen kann. Die Bild- und Tonschere ist von Grabo in genauer Komposition und nicht ohne Augenzwinkern und Humor gesetzt, was dem Film eine zusätzliche Leichtigkeit verleiht. PICTURES I DIDN’T TAKE entführt die Zuschauer in New Yorker Erinnerungen und Geschichten. Ohne Garantie auf Richtigkeit. Aber dafür mit viel Gespür für den Ort und seine Bewohner.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm; Essayfilm
Regie:Anna Grabo
Drehbuch:Anna Grabo
Kamera:Anna Grabo; Felix Raeithel
Schnitt:Anna Grabo
Musik:Pia Abzieher
Länge:34 Minuten
Produktion: Anna Grabo

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Film beginnt mit eine Stimme von einer alten Kassette, die die Fotos einer Reise nach New York kommentiert. Der Ansatz hat etwas kurioses, zumal die Stimme mit einem hörbaren norddeutschen Akzent spricht und in jeder Hinsicht etwas Altmodisches signalisiert: in der eigenen Brüchigkeit, den Korrekturen und Pausen bei der Aufnahme und besonders in der Art und Weise, wie New York und seine Sehenswürdigkeiten hier beschrieben werden: "Die Wall Street, ursprünglich als Schutzwall gegen die Indianer erbaut …". Die Regisseurin konterkariert diese Beschreibungen mit Aufnahmen, die die Stadt heute zeigen, in geduldigen, beobachtenden Einstellungen. So entsteht ein erhellendes und zugleich unterhaltsames Spiel zwischen fremdem und eigenem Blick, zwischen damals und heute, zwischen Touristen und Bewohnern. Dazwischen schneidet die Regisseurin immer wieder Interview-Aufnahmen mit New Yorker Passanten, die ihr die interessante Frage beantworten, worüber sie einen Dokumentarfilm drehen würden, wenn sie die Mittel dazu hätten.

Der Mix aus verschiedenen Ton- und Bild-Ebenen, die sich mal widersprechen, mal bestätigen und mal auf geradezu vertrackte Weise ergänzen, erscheint überaus gelungen. Das Fundstück der Tonkassette, die offenbar einst aufgenommen wurde, um eine Diashow zu begleiten, funktioniert dabei wunderbar als nostalgische Erdung für den Zuschauer: Die Stimme dieses 70er-Jahre-Touristen ist einem sympathisch, auch wenn seine Art des Reisens und seine Art der Exotisierung des Fremden heute nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Durch hervorragende Kamera-Arbeit verfremdet der Kurzfilm diesen Blick und stellt ihn in Frage. Was scheinbar einfach begann, bekommt immer mehr Bedeutungsebenen. Der Regisseurin Anna Grabo gelingt es mit PICTURES I DIDN’T TAKE, ein anspruchsvolles Konzept ausgesprochen interessant umzusetzen.