Maurice

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Ein zur Zeit seines Entstehens sehr kühner Roman vom E.M. Forster erregte in den Zwanziger Jahren die britische Öffentlichkeit. Er befasste sich mit dem Problem der Homosexualität in England, die überaus streng bestraft wurde und für einen Angehörigen der Oberschicht zusätzlich mit lebenslanger Ächtung und Verachtung verbunden war.

Der Film, den James Ivory danach gedreht hat, passt sich dem breiten epischen Duktus der literarischen Vorlage an, er lässt sich viel Zeit, um die gesellschaftlichen Zustände zu schildern und den Charakter der Figuren zu entwickeln. Mit einer Akribie, die nicht pedantisch wirkt, sondern Verantwortungsgefühl gegenüber seinem Thema beweist, protokolliert er das Auf und Ab der Gefühle und erreicht mit seinem Verzicht auf alles Spektakuläre ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit.

Die im Grunde triviale Story (reicher Kaufmann verliebt sich in den Jagdgehilfen seines Freundes und setzt blindlings seine ganze Zukunft aufs Spiel) gerät dank taktvoller Realisierung eher zu einem psychologisch fundierten Gesellschaftsbild als zu moralisierender Anklage. In der vermeintlichen Objektivität liegt die Stärke dieses typischen englischen Films, Sogar das Happyend, das er sich erlaubt, wird trotz seiner Nähe zum Kitsch zurückhaltend sensibel ausgespielt – umso mehr Unbehagen beim Zuschauer zurücklassend, der hinter dem scheinbar feindlichen Ende die drohende Katastrophe spürt.

Die Opulenz des Milieus, der Ausstattung, die stimmungsvolle Fotografie und die leidenschaftliche Musik – Ingredienzien eines gefühlvollen Spiels, dem sich alle Darsteller mit adäquaten Leistungen einfügen.