Little Odessa

Kinostart: 13.04.95
1994
Filmplakat: Little Odessa

Kurzbeschreibung

Düster-tragische Familiengeschichte russisch-jüdischer Emigranten in New York, die in verbrecherische Machenschaften verstrickt sind
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Thriller
Regie:James Gray
Darsteller:Tim Roth; Maximilian Schell; Edward Furlong; Moira Kelly
Drehbuch:James Gray
Kamera:Tom Richmond
Schnitt:Dorian Harris
Musik:Dana Sano
Länge:98 Minuten
Kinostart:13.04.1995
Verleih:CI VertriebsgemeinschaftFilmverleih
Produktion: New Line Cinema, Corpora Immigrant Pictures, Inc., New York, N.Y.
FSK:16

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein Profikiller kommt wegen eines neuen „Auftrags“ zurück in das New Yorker Diaspora-Ghetto russisch-jüdischer Emigranten, aus dem er vor Jahren zu seiner Gangsterlaufbahn aufgebrochen war. Eiskalte Morde pflastern bei der Heimkehr seinen Weg. Was anfängt wie eine neue Variante des „Eiskalten Engels“, entwickelt sich in der Folge jedoch nicht zu dem erwarteten Gangsterfilm, sondern zu einer Tragödie über den Verfall einer Familie. „Du hast unsere Familie zerstört“, wirft der patriarchalische Vater dem Sohn vor. Die Ursachen dieses Verfalls liegen jedoch viel früher, in den fehlgeschlagenen Hoffnungen der Emigranten, die in der neuen Umgebung nicht das erhoffte Glück fanden. Die russische Mafia herrscht über „Little Odessa“, und der Vater (hervorragend Maximilian Schell), nun nur noch ein Wrack eines heruntergekommenen Intellektuellen und kümmerlicher Kioskbetreiber, überdies noch gebeugt von der unheilbaren Erkrankung der geliebten Ehefrau (Vanessa Redgrave), entlädt seine Verbitterung über die enttäuschten Hoffnungen in patriarchalischer Brutalität gegenüber seinen Söhnen.

Düstere, beinahe schwarzweiße Bilder charakterisieren ein Milieu, mit dem der Regisseur offensichtlich vertraut ist. Über dem Schneematsch von „Little Odessa“ wehen eisige Winde, während dessen der „Eiskalte Engel“ wie beiläufig seine Verbrechen begeht. Das wird schnörkellos und geradlinig erzählt – einmal aus der Perspektive des Gangsters, der einen Auftrag zu erledigen hat, dann aber auch noch aus der Perspektive des ihm ergebenen jüngeren Bruders, der – auf der Suche nach Orientierung – dem Tun des Älteren nachspürt.

Diese doppelte Perspektive bricht die vordergründige Gangstergeschichte. Die russischen Choräle, die sie begleiten, verweisen eher auf eine antike Tragödie, so wie der Film schließlich auch endet. Eine gekonnte Farbdramaturgie setzt zusätzliche Akzente: Das schmutzige Grau von Schneematsch und Eiseskälte, von Misere und Verbrechen, geht über zu farbiger Fülle, wenn die Handlung quasi rituell-feierliche Höhepunkte erreicht – bei der Geburtstagsfeier der Großmutter, bei der Beerdigung der Mutter und der Schein-Hinrichtung des Vaters.