Juror #2

Kinostart: 16.01.25
2024
Filmplakat: Juror #2

FBW-Pressetext

Das spannende Gerichts- und Kriminaldrama erzählt die Geschichte eines Mannes, der sich als Geschworener im Rahmen eines Mordprozesses mit seiner eigenen Schuld konfrontiert sieht. Herausforderndes Erzählkino mit großartigem Cast, mit dem sich ein ganz großer Filmschaffender von Hollywoods Filmbühne verabschiedet.

Es ist nicht gerade der Zeitvertreib, den sich der Journalist Justin Kemp für die nächsten Tage und Wochen gewünscht hätte. Doch es führt kein Weg dran vorbei: Er ist als Geschworener in einem Mordprozess berufen und muss seine hochschwangere Ehefrau alleinlassen. Doch als Justin im Gerichtssaal Platz nimmt und erfährt, um welchen Fall es geht, muss er feststellen, dass auch er mit den schrecklichen Ereignissen, die in einer schicksalshaften Nacht zum Tod einer jungen Frau geführt haben, eng verbunden ist…..

Mit JUROR #2 feiert Clint Eastwood seinen Abschied von der Regiearbeit. Und stellt noch einmal eindrücklich unter Beweis, dass es ihm spielend gelingt, eine Geschichte, deren überraschender Clou bereits relativ zu Beginn verraten wird, so spannend und mitreißend zu erzählen, dass man bis zum Schluss gebannt der Handlung folgt. Das liegt auch am hervorragenden Spiel der Darstellenden. Toni Collette als ehrgeizige Juristin, die kurz vor ihrer Wahl als Bezirksstaatsanwältin steht und somit alles dafür gibt, den Fall in eine bestimmte Richtung zu drehen, überzeugt ebenso wie auch Nicholas Hoult, der Justin Kemp als jemanden spielt, der sich seiner Schuld bewusst ist, zu ihr aber nicht in allerletzter Konsequenz stehen kann. Und so setzt er sich in kammerspielartig inszenierten Sequenzen, in denen die Jury miteinander diskutiert und streitet, engagiert für eine differenzierte Betrachtung des Falls ein, immer mit dem Wissen, dass allein er dafür sorgen könnte, dass der Fall eine gänzlich andere Richtung einnimmt. Der Film erlaubt den Zuschauenden einen großen Wissensvorsprung, sodass sich die thrillerähnliche Spannung nicht aus der Frage zieht, wer denn der Täter ist, sondern ob und wie die volle Wahrheit ans Licht kommt. Die Kamera von Yves Bélanger bleibt sehr nah an den Gesichtern und schaut so ganz genau auf das moralische Dilemma jeder Figur. Was ist Recht, was ist Gerechtigkeit? Wie weit sollte man die Augen vor der Wahrheit schließen, wenn es um persönliche Macht geht? Und wer ist mehr ‚wert‘ für eine Gesellschaft? Ein vorbestrafter Verbrecher oder ein leutseliger Bürger? JUROR #2 stellt all diese unbequemen Fragen auch an das Publikum, ohne eine einfache Antwort zu geben. Genau das macht diesen Film zu einer spannenden filmischen Mischung aus Thriller, Kriminalfilm und menschlichem Drama.

Filminfos

Gattung:Thriller; Spielfilm
Regie:Clint Eastwood
Darsteller:Nicholas Hoult; Toni Collette; J.K. Simmons; Zoey Deutch; Kiefer Sutherland; Francesca Eastwood; Chris Messina; u.a.
Drehbuch:Jonathan A. Abrams
Kamera:Yves Bélanger
Schnitt:Joel Cox; David S. Cox
Musik:Mark Mancina
Webseite:warnerbros.de;
Länge:114 Minuten
Kinostart:16.01.2025
Verleih:Warner
Produktion: Dichotomy Films, Gotham Group; Lightnin' Production Rentals; Malpaso Productions; Warner Bros.;

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Clint Eastwoods 42. Film JUROR #2 stellt sich einer Reihe großer, ethischer Fragen: Kann sich ein Mensch zum Guten verändern? Was bedeuten Schuld und Vergebung im Kontext der Justiz? Und zu welchem Preis wird Gerechtigkeit erlangt? In diesem klassischen Gerichtsdrama kehrt Eastwood in ein zeitloses, symbolisches Amerika zurück und beschäftigt sich mit dem Thema eines Femizids, der auf einem weiteren grundlegenden moralischen Konflikt beruht.
Die Exposition führt das Publikum in einen Mordfall ein, in dem der Geschworene Justin (Nicholas Hoult) während einer Risikoschwangerschaft seiner Frau (Zoey Deutch) zur Teilnahme an der Verhandlung berufen wird. Der Fall dreht sich um den Angeklagten James Style (Gabriel Basso), der behauptet, seine Freundin nicht ermordet zu haben. Im Verlauf des Prozesses entfaltet sich eine dynamische Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren, der ehrgeizigen Staatsanwältin Killebrew (Toni Collette) und dem ehemaligen Trinker Justin, die beide auf ihre Weise in moralische Konflikte geraten.
Eastwood gelingt es, mit einer effizienten Exposition das Publikum in ein breites Ensemble von Charakteren einzuführen. Dabei werden die menschlichen Schwächen und Ideale der Figuren geschickt beleuchtet. Killebrew ist eine machtbewusste Frau, die sich für ein sichereres Amerika einsetzen möchte, während Justin sich mit seinem eigenen Gewissen auseinandersetzt. Die Spannung zwischen den beiden – zwischen einem Mann, der mit seiner Vergangenheit kämpft, und einer Frau, die auf die Macht hinarbeitet – ist eines der tragenden Elemente des Films. Besonders bemerkenswert sind die Szenen zwischen den Geschworenen, in denen Eastwood ein faszinierendes gesellschaftliches Mosaik amerikanischer Werte und Konflikte entfaltet. Diese Szenen tragen den zentralen moralischen Diskurs des Films, die Frage, wem wir Rechenschaft schuldig sind – uns selbst oder einer höheren Instanz?
Trotz der hohen Qualität in der Darstellung und Inszenierung der Charaktere lässt die Spannung des Films nach der frühen Offenbarung von Justins Beteiligung am Fall merklich nach. Ab der Mitte des Films zeigt das Drehbuch von Jonathan Abrams für die Jury deutliche Schwächen. Es wird offensichtlich, dass JUROR #2 eine sehr traditionelle Annäherung an das Gerichtsdrama wählt, ohne wesentliche Neuerungen oder Risiken einzugehen, was in Anbetracht des hochklassigen Casts und der vielversprechenden Ausgangslage als verschenktes Potenzial betrachtet wird. Auch die plötzliche Wendung um den Charakter des pensionierten Polizisten Harold, gespielt von J.K. Simmons, wirkt für die Jury ein wenig zu abrupt.
Inhaltlich erscheint der Film an einigen Stellen nicht mehr ganz zeitgemäß – insbesondere in der Darstellung von Justins Frau Allison, deren Charakterzeichnung auf veralteten Stereotypen zu beruhen scheint. Dies trägt zur Entfremdung der Zuschauer:innen bei und schwächt das emotionale Engagement für die Figuren.
Am Ende, so die Ansicht der Jury, fehlt dem Film die notwendige Stringenz und Glaubwürdigkeit des Plots, um das Publikum wirklich in das moralische Dilemma der Charaktere hineinzuziehen. Die finale Auflösung, die beinahe nüchtern abgehandelt wird, steht im Gegensatz zur emotionalen Fallhöhe, die der Film zuvor aufgebaut hat.
Aufgrund der inszenatorischen Qualität und des gesellschaftskritischen Anliegens des Films und in Abwägung aller aufgeführten Argumente vergibt die Jury das Prädikat „wertvoll“.