Freedom & Independence

Filmplakat: Freedom & Independence

Kurzbeschreibung

Der experimentelle Kurzfilm "Freedom & Independence" setzt sich mit dem globalen, ideologischen Paradigmenwechsel hin zu einem religiös geprägten Kapitalismus auseinander, indem er Zitate der Schriftstellerin und selbsternannten Philosophin des Objektivismus Ayn Rand mit evangelikalen Inhalten des US-Amerikanischen Mainstream-Kinos konfrontiert.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Experimentalfilm; Kurzfilm
Regie:Bjørn Melhus
Darsteller:Bjørn Melhus
Drehbuch:Bjørn Melhus
Kamera:Eike Zuleeg
Schnitt:Bjørn Melhus
Musik:Max Schneider
Länge:15 Minuten
Produktion: Limboland Productions Bjørn Melhus
Förderer:FFA; BKM

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Einem Drohnenflug über eine westliche Großstadt folgt das offensichtlich im Voice over gesprochene Statement eines militärisch gekleideten Mannes in einem leeren Raum. In der darauf folgenden Szene werden die Zuschauer mit einer klar erkennbaren, religiösen Szene in Fellini-artiger, surrealistischer Übersteigerung konfrontiert. Dieser Sequenz folgt eine schrille, exorzistisch wirkende Szene, in der zwei ballartige Wesen entstehen, die sich kurz darauf, als nur farblich unterscheidbare menschenartige Verkörperungen von Freiheit und Unabhängigkeit (Freedom & Independence) materialisieren und durch die leeren Straßen einer modernen Großstadt gehen. Zwei Gestalten in Sportdress, die per Sound-Footage-Fetzen aus US-Amerikanischen Filmklassikern kommunizieren.
Das irritierende an Melhus Werk ist sein sorglos wirkender Einsatz von Mitteln der Popkultur und seine unvermittelt wirkende, (alb)traumhafte Narration. Bjørn Melhus‘ FREEDOM & INDEPENDENCE hat die Jury zunächst vor ein Rätsel gestellt, das erst die akustisch-textliche Ebene zu lösen geholfen hat. Szenenunabhängig wartet Bjørn Melhus‘ Experimentalfilm mit mantra-artig wiederholten Formeln auf. Parolen, wie „Reaktion – Kontext – Verantwortung – Leistung“ oder „Vernunft – Individualismus – Kapitalismus“, die die Jury in der – dem Screening angeschlossenen Diskussion – als neoliberale Phrasen gedeutet, und dadurch letztlich die entscheidenden Anhaltspunkte zur Entschlüsselung des Films erhalten hat.
In der Tat ist Melhus als gesellschaftskritischer Medienkünstler bekannt geworden. Mit Überspitzungen fordert er sein Publikum. Ästhetisch gewagt spielt sein FREEDOM & INDEPENDENCE mit der religiös-überhöhten neoliberalen Politprophetie. In der Synthese mit dem Audiomaterial aus den US-Filmen demonstriert der Film den immer umfassender werdenden Anspruch der konservativen Wirtschaftstheorie, der schließlich in einem grotesken Ballett in einer Leichenhalle enden wird.
Bjørn Melhus‘ FREEDOM & INDEPENDENCE ist ein aufwändig gemachter Film, der ein an sich sperriges Thema mit Witz und Esprit mitzuteilen versucht. Ein ästhetisch anspruchsvoller Versuch, dessen Inhalte sich der durchaus filmverständigen Jury allerdings nicht schon während des Screenings, sondern erst in der Diskussion offenbart haben. Da sich die Jury sich ein wenig mehr Entgegenkommen mit den Zuschauern gewünscht hätte, vergibt sie das Prädikat „wertvoll“.