Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Jeder kennt die Situation und deswegen ist der Zuschauer auch von der ersten Einstellung an drin in diesem Kurzfilm über die Höllenqualen eines unvorbereiteten Schülers im Examen. Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn, jedes Geräusch, wie das Fingerknacken des Lehrers oder das Ticken der Schuluhr, hört er überdeutlich, und die Aufgaben der Matheprüfung erscheinen ihm wie eine Masse von völlig unverständlichen Zahlen und Zeichen. In seiner Not beginnt er, in eine Traumwelt abzugleiten, in der Mitschüler und Lehrer hämisch über ihn lachen, das Blatt mit den Aufgaben in Flammen aufgeht und er in den letzten ihm verbleibenden Minuten versucht, die Zeiger einer riesigen Uhr anzuhalten. All das wird in „Exam“ auf filmisch sehr geschickte Art umgesetzt: Die Kamera zeigt die Schreckensvisionen des zum Scheitern verdammten Prüflings mal mit sehr drastischen Effekten, wie bei der Höllenfahrt mit viel Rauch und dem brennenden Papier, dann aber auch in kleinen Gesten, wie etwa der verächtlichen Handbewegung, mit der der Lehrer dem Protagonisten die Aufgaben zuwirft. Alles ist so übertrieben, daß es komisch wirkt - so viel wie der arme Schüler kann man zum Beispiel gar nicht schwitzen. Aber die Seelenpein ist auch genau beobachtet und psychologisch motiviert. Vielleicht war der Filmemacher ja so inspiriert, weil er im gleichen Jahr wie den Film auch sein Abitur gemacht hat.
