Ewige Jugend

Kinostart: 26.11.15
VÖ-Datum: 01.04.16
2015
Filmplakat: Ewige Jugend

FBW-Pressetext

Fred und Mick sind seit 50 Jahren beste Freunde. Gemeinsam treffen sie sich seit langem in demselben Hotel in den Schweizer Bergen, um zu entspannen und ihre Künstlerseele baumeln zu lassen. Fred ist Komponist, Mick Regisseur. Und während Fred versucht, sein Leben als gefeierter Musikstar endgültig hinter sich zu lassen, tüftelt Mick zusammen mit seinen bemühten Assistenten an dem letzten großen Filmcoup, der sein Vermächtnis werden soll. Was jedoch beide in diesen letzten Wochen des Sommers erkennen müssen, ist, dass die Jugend ein vergängliches Gut ist. Den neuen Film von Paolo Sorrentino durchweht ein Felliniesques Gefühl. Zwei Männer im fortgeschrittenen Alter, zwei Künstlerseelen, zwei große Egos, die im Herbst des Lebens auf dasselbige zurückblicken und sich mit ihren Sehnsüchten, ihren Fehlern und ihren letzten großen Träumen konfrontiert sehen. In Michael Caine und Harvey Keitel findet Sorrentino für seine Figuren die Idealbesetzung. Caine ist der Gentleman, der elegante Charmeur, der allein für die Musik lebte – und sich von seiner Tochter mit all den Grausamkeiten konfrontieren lassen muss, die er ihr und vor allem seiner Frau angetan hat. Und Keitel ist der ruhelose Künstler, das Genie, das nie ganz zufrieden mit seinem eigenen Schaffen war und stets hinterfragt, was er der Welt hinterlassen kann. Beide begegnen in den Schweizer Bergen vielen herrlich skurrilen Figuren, die perfekte Spiegelungen ihrer eigenen Konflikte sind. Ob Paul Dano, Jane Fonda oder Rachel Weisz – sie alle verkörpern ihre Rollen lustvoll und mit großer Spielfreude. Die pompösen und perfekt arrangierten Bilderwelten des Films wirken in ihrer großen Künstlichkeit und Finesse wie Gemälde, Panoramen oder auch Choreografien, passend zum artifiziellen Umgang der Künstler miteinander. Dennoch gelingt auch eine raffinierte Leichtigkeit, auch dank der herrlich ausgewählten Musik, die den Film wie einen großen schwebenden Bildertraum wirken lässt. Letzten Endes, das macht Sorrentino auf beeindruckende Weise klar, ist die Welt bloße Kunst. Und sein wundervoll durchkomponierter Film ist eine Hommage daran. An ihre Schönheit, ihr Leiden, ihren Genuss. Und ihre ewige Jugend.

Filminfos

Gattung:Drama; Komödie; Spielfilm
Regie:Paolo Sorrentino
Darsteller:Sir Michael Caine; Harvey Keitel; Rachel Weisz; Paul Dano; Jane Fonda; Mark Kozelek; Robert Seethaler
Drehbuch:Paolo Sorrentino
Kamera:Luca Bigazzi
Schnitt:Cristiano Travaglioli
Musik:David Lang
Länge:124 Minuten
Kinostart:26.11.2015
VÖ-Datum:01.04.2016
Verleih:Wild Bunch Germany
Produktion: Indigo Film, Medusa Film;
FSK:6
Förderer:Eurimages
BD EAN-Nummer:0888751863590
DVD EAN-Nummer:0888751863491
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Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die Kunst und das Altern sind die beiden Hauptthemen dieses Films, die wie in einer Sinfonie immer wieder variiert und gegeneinander gesetzt werden. Zwei alte Künstler und Freunde machen gemeinsam eine Kur in einem edlen Schweizer Hotelresort, das von erfolgreichen Künstlern und Prominenten aus aller Welt besucht wird und natürlich an das Davoser Sanatorium im „Zauberberg“ von Thomas Mann erinnert. Fred ist ein britischer Komponist, der seine Kunst nicht mehr ausüben will. Und das, obwohl ein Gesandter der Queen ihm deren Wunsch übermittelt, er möge doch für sie sein bekanntestes Werk noch einmal dirigieren. Mick ist ein amerikanischer Regisseur, der mit einem Team von jungen, hungrigen Autoren am Drehbuch für seinen nächsten Film arbeitet. Die beiden unterhalten sich über ihre Kunst und ihre Schwierigkeiten beim Wasserlassen. Die Kinder der beiden sind miteinander liiert und durchleben gerade eine hässliche Trennung, denn der Sohn des Regisseurs hat sich mit einer berühmten Popsängerin eingelassen, sodass die Tochter des Dirigenten einen grotesken Alptraum von den beiden in der Form eines Musikvideos hat. Der Film ist gespickt mit solchen surrealen Sequenzen, in denen Paolo Sorrentino seiner ausschweifenden Fantasie freien Raum lässt und sich wieder, wie schon in LA GRANDE BELLEZZA als ein Erbe von Federico Fellini entpuppt. Wie dieser feiert er die Dekadenz und hat eine Vorliebe für extreme Menschen, die zugleich hässlich und schön sind. So etwa die junge Masseuse mit der monströsen Zahnspange, die sich in einer trancehaften Tanzszene mit einer verblüffenden Anmut bewegt. Sorrentino hat den Ehrgeiz, mit jeder Einstellung neu zu überraschen. Dramaturgie oder Plausibilität lässt er gerne sausen, wenn er nur eine Sequenz inszenieren kann, bei der die Zuschauer sich ungläubig die Augen reiben. Ist es tatsächlich Maradona, der da massig als ein Fussballgott im Pool plantscht und später mit traumwandlerischer Sicherheit immer wieder einen Tennisball senkrecht in den Himmel schießt? In einer Traumsequenz sieht Fred den Markusplatz von Venedig im Wasser versinken und später dirigiert er das Muhen der Kühe auf einer Almwiese. Und der junge amerikanische Schauspieler, der darunter leidet, dass er durch eine Rolle bekannt wurde, in der er einen Roboter spielte, erscheint plötzlich im Speisesaal des Hotels in der Maske und dem Kostüm von Adolf Hitler, um die Wirkung dieses Auftritts zu testen. Der Film sprudelt über von solchen mit viel Witz und Fantasie erdachten und grandios inszenierten Sequenzen. Bodenhaftung bekommt EWIGE JUGEND durch die Leistungen der Schauspieler. Michael Caine und Harvey Keitel sind als Künstler und Freunde zugleich komisch und berührend, weise und eitel, egozentrisch und großzügig. Paul Dano spielt nach seiner Verkörperung von Brian Wilson wieder überzeugend eine komplexe Künstlerseele und Jane Fonda hat im letzten Akt einen grandiosen Auftritt als alternde Kinodiva, der wie ein Crescendo vor der Coda wirkt. Es ist selten geworden, dass ein Regisseur so barock und lustvoll aus dem Vollen seiner Kunst schöpft.