Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Eine Welt am Faden zeigt dieser faszinierende Kurzfilm, für den die Filmemacherin ein einleuchtendes und originelles Stilmittel gefunden hat, um zu zeigen, dass ihre Protagonistin ein fremdbestimmtes Leben führt. Dabei bewegen sie und alle anderen Figuren sich so, wie man es vom Marionettentheater her kennt. Ihre ungelenken Bewegungen sehen so aus, als würden sie über Fäden von oben gelenkt. Mit moderner 3D-Animation wird hier also eine traditionelle Technik des Puppenspiels nachgeahmt. Damit hat Manuela Buske eine sehr ausdrucksstarke Metapher für das moderne Arbeitsleben gefunden, denn wenn ihre Titelheldin tagtäglich durch den gleichen Trott von aufstehen, essen, arbeiten und schlafen geht, ist dies der in der heutigen Leistungsgesellschaft allgegenwärtiger Lebensrhythmus. Wie ausweglos dieses Leben unter totaler Kontrolle ist, zeigt sich in einer Szene, in der die Frau beobachtet, wie einer ihrer Leidensgenossen versucht, sich von einem Hochhaus in den Tod zu stürzen, er aber kurz vor dem Aufprall von seinen Fäden abgefedert und unverletzt, oder besser unbeschädigt, auf die Straße gesetzt wird. Durch einen gerissen Faden, der an der Hand der Frau sichtbar wird, erkennt diese das System ihrer Unterdrückung, und von diesem Moment an kann auch der Zuschauer die Fäden und das Garn sehen, aus dem diese Welt gesponnen ist. Die Protagonistin befreit sich durch diese Erkenntnis, sodass der Film mit einer hoffnungsvollen Note endet. Manuela Buske hat hier eine überzeugende Einheit von Form und Inhalt erreicht. Diese Geschichte kann nur so erzählt werden.