Der reflektierende Käfer

Filmplakat: Der reflektierende Käfer

FBW-Pressetext

Fleißig wie eine Biene, listig wie ein Fuchs, eitel wie ein Pfau. Gerne unterstellen wir Tieren menschliche Charaktereigenschaften oder Verhaltensweisen. Ein Mistkäfer, der auf seinem Weg zur nächsten Mahlzeit über seine eigene Existenz reflektiert, scheint hingegen ein weniger naheliegendes Bild zu sein. Eben dieses bemüht jedoch der Filmemacher Oliver Rossol in DER REFLEKTIERENDE KÄFER. In seinem filmischen Essay kreiert er eindrucksvolle Naturbilder, die er mit einem Voice-over von poetischer Schönheit unterlegt. Immer wieder macht der Erzähler auf die Anwesenheit der Kamera aufmerksam und spricht den Zuschauer direkt an, um sich zu vergewissern, dass dieser die Reflexionsprozesse des Mistkäfers „sieht“. Den Mikrokosmos des Anoplotrupes stercorosus, wie sein vollständiger lateinischer Name lautet, präsentiert er dabei als zwischen gefahrenvoller Unwirtlichkeit und erhabener Schönheit changierend. Auf ironische Weise führt Rossol die Beliebigkeit interpretatorischer Vergleiche und Metaphern vor Augen, legt vor allem aber Mechanismen des Naturdokumentarfilms bloß, der sich immer wieder solcher anthropomorphisierender Strategien bedient. Im besten Sinne des Essayfilms funktioniert DER REFLEKTIERENDE KÄFER somit als Film über das Filmemachen. Ein herausragender Beitrag zum selbstreflexiven Kino.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Kurzfilm; Essayfilm
Regie:Oliver Rossol
Drehbuch:Oliver Rossol
Kamera:Oliver Rossol
Schnitt:Oliver Rossol
Musik:Brenda Lien
Länge:8 Minuten
Produktion: Oliver Rossol

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Würde man die Augen schließen und sich das etwas pathetische und philosophisch überhöhte Voice-Over des Films nur anhören, so würde man als Mensch auf eine abenteuerliche Reise voller Gefahren durch wundersame Orte geleitet werden. Eine Reisebegleitung voller Witz, Ironie und Weisheit, bei der man viel über den Sinn und den Lauf des Lebens erfährt. Bei geöffneten Augen beobachten wir aber einen glänzenden Wald-Mistkäfer, der sich auf seinem gefahrvollen Weg zum angestrebten Ziel begibt. Leichen der Artgenossen pflastern seinen Weg, fressen und gefressen werden, hedonistisches Treiben. Mit perfekten Aufnahmen auf der Erlebnisebene des Käfers, verbunden mit einem sehr passenden Sound und der herrlichen Reisebeschreibung, verfolgen wir das Spiel von Projektion und Reflektion, den Paradigmen zwischen Käfer und Mensch. Eine wunderbare Idee, geformt zu einem filmischen Essay der besonderen Art!