Als wir träumten
FBW-Pressetext
Leipzig, kurz nach der Wende. Deutschland ist wieder ein Land, endlich wächst zusammen, was zusammen gehört. Doch für die fünf Jungs Dani, Rico, Pitbull, Mark und Paul ist die eigene kleine Welt in ihrer Stadt viel wichtiger als die Wiedervereinigung. Sie stehen kurz vor dem Abitur und haben einen gemeinsamen Traum: Eine eigene Techno-Disko eröffnen, dazu Erfolg, Kohle, Alkohol und Mädchen. Doch gerade als das Geschäft zu laufen beginnt, tauchen Neonazis auf, die ihr Revier in der Stadt markieren wollen. Und während sich langsam aber sicher ein harter Bandenkrieg in einer sich stetig nach oben drehenden Gewaltspirale entwickelt, müssen die Jungs selbst mit all dem klarkommen, was das Leben mit sich bringt. Und von ihren jeweiligen Träumen Abschied nehmen. Wie auch in seinen bisherigen Filmen gelingt Andreas Dresen mit ALS WIR TRÄUMTEN eine unglaublich genau erzählte und atmosphärisch dichte Milieustudie. Dieses Mal widmet er sich, zusammen mit seinem Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase, der Umsetzung des gleichnamigen Romans von Clemens Meyer. Die Geschichte selbst mag an der Oberfläche schnell erzählt sein. Doch Dresen geht es um mehr. Er erzählt die Story vor dem Hintergrund des historischen Kontextes. Viele Menschen in den neuen Bundesländern verloren nach der Wende die Orientierung. Das alte System galt nicht mehr, das neue System war ersehnt und doch so fremd und vor allem junge Menschen mussten alle erlernten Werte und Regeln verwerfen. Die Haltlosigkeit dieser jungen Generation macht Dresen in jeder Minute des Films spür- und erfahrbar. Das liegt auch am überzeugend aufspielenden Ensemble, angeführt von Merlin Rose als Dani, der sich als unglaubliches Nachwuchstalent im deutschen Kino empfiehlt und durch dessen Augen der Zuschauer die Geschehnisse erlebt. Es gibt einige Szenen im Film, die für den Zuschauer schwer zu ertragen sind, Szenen der rohen Gewalt, die Dresen konsequent inszeniert. Doch es gibt auch viele träumerische und eskapistische Momente, die getragen werden von einer großartigen Kamera und einem perfekt abgestimmten Soundtrack. So gelingt Dresen mit ALS WIR TRÄUMTEN nicht nur ein eindringlicher und kraftvoller Film, sondern ein wahrhaftiges und authentisches Porträt einer Generation, die vom Erwachsenwerden träumte. Bis sie selbst erwachsen werden musste.Filminfos
Gattung: | Drama; Spielfilm |
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Regie: | Andreas Dresen |
Darsteller: | Merlin Rose; Julius Nitschkoff; Joel Basman; Marcel Heuperman; Frederic Haselon; Ruby O. Fee |
Drehbuch: | Wolfgang Kohlhaase |
Buchvorlage: | Clemens Meyer |
Kamera: | Michael Hammon |
Schnitt: | Jörg Hauschild |
Musik: | Jens Quandt |
Webseite: | ; |
Weblinks: | ; ; |
Länge: | 117 Minuten |
Kinostart: | 26.02.2015 |
Verleih: | Pandora |
Produktion: | Rommel Film Filmproduktion Peter Rommel, Cinéma Defacto (FR); ISKREMAS Filmproduktion; |
FSK: | 12 |
Förderer: | FFA; MBB; DFFF; MDM |
Jury-Begründung
Wendezeit, Anarchie, Pubertät – diese drei Schlagworte treffen wohl am ehesten die Stimmung, die der Film von Andreas Dresen beschreibt. Dani, Rico, Pitbull und Paul erleben als junge Pioniere die letzten Tage der DDR und werden erwachsen im vereinten Deutschland. Diesen Spagat erlebt der Zuschauer in intensiven Bildern mit. Wie Freundschaften sich wandeln und sich erste Liebe nicht erfüllt, wird in einer authentischen Kleinbürgerwelt gezeigt. Der Regisseur nutzt immer wieder Rückblenden, um den Wandel deutlich zu machen. Die wildeste Zeit, in der Jugendliche ihre ersten Erfahrungen mit der Welt der Erwachsenen, aber auch mit ihrer eigenen widersprüchlichen Gefühlswelt machen, die Zeit zwischen 13 und 16, fällt hier zusammen mit der Veränderung einer Gesellschaft, aber vor allem eines Staates. Freiheit scheint grenzenlos und ausprobieren wollen die Freunde alles. Kurz zuvor noch folgsame Kinder, wollen sie nun alle Grenzen spüren und möglichst auch überschreiten.Kamera und Schnitt lassen diese Gefühle durch intensive Bilder miterleben, ein Sinnenrausch nicht nur der angenehmen Art, wenn Schlägereien mit Neonazis und deren Folgen zu sehen sind. Eine Diskothek wird eröffnet, die Folgen von Alkohol und Drogen drohen auch den Freunden zum Verhängnis zu werden. Grenzüberschreitungen werden alltäglich, ihre Folgen spürbar.
ALS WIR TRÄUMTEN ist ein rauer Film, der mit seinen Protagonisten trotzdem zärtlich umgeht, wenn sie etwa in Großmutters Wohnzimmer Punsch schlürfen und die scheinbar heile Welt genießen.
Die Detailgenauigkeit, eine Stärke aller Andreas-Dresen-Filme, trifft sich hier mit der Präzision des Drehbuchs von Wolfgang Kohlhaase, der den Roman gleichen Titels von Clemens Meyer adaptierte. Die Ausstattung, die Schauplätze sind perfekt gewählt und atmosphärisch dicht.
Teils schwer erträgliche Szenen werden extrem ausgereizt und erhöhen die Authentizität der Handlung und des Milieus. Die unbändige Kraft junger Männer wird hier sichtbar, die sich aber auch gegen sie selbst wendet. Ihr Kontrollverlust macht sie zu Verlierern, zu Absteigern, noch ehe sie die Gelegenheit ergreifen können, ihre Kräfte positiv einzusetzen.
Die Darsteller zeigen ihr ganzes Können, besonders beachtlich auch die Leistung der Kinderdarsteller, die hervorragend gecastet und in Szene gesetzt sind.
ALS WIR TRÄUMTEN ist ein Film, der weit über sich hinausweist, das eindrucksvolle Porträt Jugendlicher in einer Gesellschaft im Umbruch.
Die Jury entschied sich deshalb für das Prädikat besonders wertvoll.