Alles hat seine Zeit
FBW-Pressetext
Wenn das Leben zu Ende geht, kommt der Tod. Doch wie natürlich kann dies geschehen, wenn Apparate, Schläuche, Medikamente, Operationen dafür sorgen, dass der Abschied vom Leben unendlich hinausgezögert wird? Die Filmemacherin Karin Guse nutzt ihren Film, um auf genau diese Problematik hinzuweisen. Zusätzlich arbeitet sie ein Stück ihrer eigenen Geschichte auf, denn ihre Mutter befand sich in einer solchen Situation. Krank, am Ende ihrer Kraft, wollte sie sterben. Doch die Ärzte operierten, untersuchten, stellten Diagnosen. Stichwortartig verliest ein Sprecher all die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um das Leben zu verlängern. Dazwischen immer wieder eine schwache Frauenstimme, die nur eines will: „Lasst mich doch gehen!“ Und dann die Feststellung, dass wirklich alles im Leben „seine Zeit“ hat. Guse fügt dem kalten und betroffen machenden Text über ärztliche Maßnahmen Bilder und Bildausschnitte hinzu, die durch eine geschickte Montage diese Situation komplex und berührend erzählen. Karin Guses Film ist eine persönliche Aufarbeitung des eigenen Schmerzes. Und darüber hinaus ein wichtiger filmischer Beitrag zu einer immer wieder brisanten Diskussion.Filminfos
Gattung: | Drama; Kurzfilm |
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Regie: | Karin Guse |
Drehbuch: | Karin Guse |
Kamera: | Karin Gruse |
Schnitt: | Karin Gruse |
Länge: | 5 Minuten |
Produktion: | Karin Guse |
Jury-Begründung
Drei Kreisel in Großaufnahme, nahe Einstellungen von Blaulicht, medizinischen Geräten, immer wieder wechselnd zu den Kreiseln. Dazu verschiedene Stimmen, die in kurzen, lakonischen Sätzen über Krankheit, Operationen, Krankenhausaufenthalte berichten. Und eine brüchige Stimme, die um Gnade bittet: “Lasst mich gehen“, sagt sie.Der experimentelle Film von Karin Guse berichtet eindringlich über die dramatische Situation eines Menschen. Zum Schluss des Film erfahren wir auf einer Textafel, dass es die 81jährige Mutter der Autorin ist, um deren Leben hier gerungen wurde.
Der Film bringt den Zuschauer durch seine abstrakte Form in wirkliche Not, ihm gelingt es, dass ein Eindruck der Not der Patientin entsteht. Die Wahrnehmung der Signale von Bedrohung, Panik und Angst vermittelt der Film durch seine Anordnung perfekt. Er spricht die allgegenwärtige Angst des modernen Menschen vor dem Tod an und setzt ihr das Luther-Wort entgegen: “Alles hat seine Zeit“ - so beginnt dann auch jeder der im Voice Over gesprochenen Sätze.
Die Kombination der abstrakten Bilder mit den konkreten gesprochenen Worten ergibt eine Mischung, die von einzelnen Mitgliedern der Jury jedoch als unangemessen empfunden wurde. Eine Wirkung, die aber möglicherweise genau so von der Künstlerin beabsichtigt wurde.