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Filmplakat: Zeppelin oben rechts

FBW-Pressetext

Der Dokumentarfilm von Olli Duerr begleitet über mehrere Jahre Kunstschaffende im inklusiven Projekt „Atelier23“ der Lebenshilfe Gießen. Ein lebensbejahendes, inspirierendes Porträt eines Künstlerkollektivs, das unbedingt Schule machen sollte.

Jens zeichnet seine Striche schon lange nicht mehr mit dem Lineal. Das hat er hier im Atelier gelernt. Auch Birgit hat ihre Erfahrungen gesammelt und weiß jetzt, dass sie wegen ihrer Rückenschmerzen keine großen Bilder mehr malen kann. Und Eric hat im Atelier23, einem inklusiven Kunstprojekt der Lebenshilfe Gießen, seine große Liebe Isabel gefunden. Der Filmemacher Olli Duerr hat die Kunstschaffenden und Betreuenden im Atelier23 über sechs Jahre begleitet. Und dabei festgestellt: Die Künstlerinnen und Künstler eint nicht nur das Schicksal eines wie auch immer gearteten körperlichen oder geistigen Handicaps. Sondern vor allem die überbordend kreative und lebendige Liebe zur Kunst.

ZEPPELIN OBEN RECHTS vermittelt in jeder Minute die Nähe, die der Regisseur während der insgesamt sechs Jahre zu den Porträtierten aufbauen konnte. Die Kunstschaffenden, die im inklusiven Kunstprojekt ‚Atelier23‘ in Gießen seit Jahren aktiv sind, öffnen sich der Kamera mit großer Ehrlichkeit. Dabei geben manche ganz persönliche Einblicke in ihre Biografie, andere möchten eher durch ihre Kunstwerke sprechen. Und die Kunst der Menschen, die verschiedene körperliche und geistige Handicaps meistern, zeigt ein inspirierendes Füllhorn an Kreativität und Lebensfreude. So zeichnet Eric immer wieder Tiere. Ob groß oder klein – keines der mittlerweile über 500 Bilder, die er trotz der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit seiner Hand gezeichnet hat, gleicht dem anderen. Andreas wiederrum findet seine Erfüllung im Fotografieren von Strommasten und Straßenlaternen. Duerr überlässt den Porträtierten nicht nur das Bild, sondern auch den Kommentar, lässt sie das teilen, was sie teilen möchten und lässt ihnen auch die Freiheit, auch einfach mal nichts zu sagen. Mit seinem ersten Langdokumentarfilm beweist Olli Duerr nicht nur eine große Sensibilität für sein Sujet, sondern auch großen Respekt für die Menschen, die der beste Beweis für den Erfolg dieser inklusiven Arbeit sind.
Prädikat besonders wertvoll

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Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Olli Duerr
Kamera:Olli Duerr
Schnitt:Olli Duerr
Musik:Nicolas Juppe; Lennard Kaminski
Länge:92 Minuten
Produktion: Oliver Duerr, Elena O'Connor

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Mehrere Jahre lang hat Filmemacher Olli Duerr die Künstler des Atelier23 in Gießen begleitet. Menschen, wie Du und ich und wiederum auch nicht. Die Männer und Frauen, die hier arbeiten, haben alle ein Handicap. Sie sind behindert, insel- oder sonderbegabt, oder auch psychisch oder körperlich erkrankt, Bezeichnungen gibt es viele und sie alle haben etwas gemein, sie können als Etikett zum Ab- und damit auch zum Ausgrenzen verwendet werden. Genau das aber macht Duerr mit seinem Film nicht.

ZEPPELIN OBEN RECHTS ist ein Film über Integration und Gleichberechtigung, mehr noch: Es ist ein Film über Menschen an sich und nicht ganz nebenbei auch einer über Kunst und den Kunstbetrieb. Im Atelier23 in Gießen haben 14 Künstler*innen ein zweites Zuhause gefunden. Sie kommen hier zusammen, arbeiten aber getrennt an ihren Werken. Menschen wie Eric Kosuch, dem es sichtlich schwerfällt, konzentriert einen Strich zu Papier zu bringen, das Ergebnis aber kann sich sehen lassen. Seine ausdrucksstarken Zeichnungen verweisen nicht auf sein Handicap, sondern auf seine Sicht auf seine Umwelt, genau wie die Bilder von Jens Bleckmann oder Birgit Gigler. ZEPPELIN OBEN RECHTS konzentriert sich auf sieben dieser Künstler*innen, führt sie nicht vor, sondern begleitet sie. Die 92 Filmminuten reichen, um sie zu Bekannten werden zu lassen, zu Menschen, die der Jury mit dem Filmabspann tatsächlich ans Herz gewachsen sind. Einige von ihnen erzählen von ihren Arbeiten, andere auch ihre Geschichte. Was sie preisgeben, das hat Duerr augenscheinlich ihnen selbst überlassen – und das ist gut so.

Olli Duerrs Besuche im Atelier wirken tatsächlich völlig zwanglos. In drei Filmkapitel hat er seinen Film geteilt. Von der Vorstellung der Künstler*innen über die eigentliche Entstehung der Arbeiten bis hin zur Ausstellung der Werke in der angrenzenden Galerie, vermittelt ZEPPELIN OBEN RECHTS Einblicke in das Leben der Beteiligten. Diese Dreiteilung wirkt zwar sehr systematisch, schafft aber auch Struktur, auch wenn die Künstlerporträts einigen Jurymitgliedern bisweilen ein wenig redundant erschienen. Ähnlich hat auch Duerrs Kamera in der Diskussion für Kontroversen gesorgt. Tatsächlich nähert er sich seinen Protagonisten immer wieder über extreme Close-Ups, zeigt Details, die bei manch anderem Künstlerporträt so nicht üblich sind. Entsprechend auch sein Spiel mit der Schärfe, das das Publikumsinteresse zwar auf Details zu lenken weiß, auf Dauer aber ein wenig eigenwillig wirkt.

Und dennoch hat die Offenheit des Films die Jury überzeugt. Immerhin geben die Künstler ihren ganz eigenen Blick auf ihre Welt preis. Ein Blick, der, so kann die Jury bescheinigen, hin und wieder gar nicht so speziell ist. Immerhin fühlten sich Jurymitglieder durchaus an eigene, künstlerische Projekte und ihren eigenen Blick auf Objekte erinnert. Und auch in weiterer Hinsicht hat sich Duerrs Zeit im Atelier gelohnt. Der Dokumentarfilmer hat nicht nur sympathische Szenen eingefangen, sondern auch Aussagen über den Wert von Kunst, die in ihrer Unbefangenheit einen entlarvenden Blick auf manche Posse des übersteigerten Kunstbetriebs werfen. Tatsächlich unterscheiden sich die Werke der Filmprotagonisten qualitativ nicht von denen anderer Künstler. Die pekuniären Werte der Werke dürften sicherlich weit unter denen arrivierter Künstler liegen. Aber was sagt der Marktwert schon über den der Kunst immanenten Wert aus? Nicht viel!

Die Jury zeigte sich im Gespräch so erfreut über die in der abschließenden Vernissage gezeigten Exponate, dass einige der Juror*innen sogar während der Diskussion einen Besuch der dem Atelier angeschlossenen Galerie angekündigt haben, sollten sie in der Nähe von Gießen sein.

Nach einer durchaus intensiven Diskussion, unter Einbezug aller Argumente, einigt sich die Jury darauf, ZEPPELIN OBEN RECHTS mit dem Prädikat BESONDERS WERTVOLL auszuzeichnen.