wuhlo - kohle

Filmplakat: wuhlo - kohle

FBW-Pressetext

Die Kreisstadt Weißwasser liegt inmitten einer braunkohlereichen Heidelandschaft zwischen dem Lausitzer Seenland (Tagebaufolgelandschaft) und der deutsch-polnischen Grenze. Die Braunkohle und der Tagebau haben der Gegend die wirtschaftliche Grundsicherung ermöglicht – und sie gleichzeitig Stück für Stück zerstört. Zahlreiche Dörfer sind durch den Kohleabbau verschwunden, die Wälder sind abgeholzt und kaputt, das Grundwassersystem und die Bodenstruktur sind völlig gestört. Doch spätestens im Jahr 2038 soll Schluss sein mit der Kohle. In Weißwasser ist der Strukturwandel schon heute spürbar. Dieser Wandel birgt auch Chancen. Chancen, die man nutzen muss, bevor es zu spät ist. In ihrem künstlerischen Dokumentarfilm begeben sich die Filmschaffenden Maja Nagel und Julius Günzel, die mit dieser Gegend schon lange verbunden sind auf eine Reise in die Lausitz und ergründen dabei anhand der Porträts verschiedener dort lebender Menschen die unterschiedlichsten kulturellen und auch wirtschaftlichen Aspekte dieser ganz besonderen Gegend. Da gibt es die naturverbundenen Spaziergänger, Protagonisten der beiden vorangegangenen Filme, in einem Wald, in dem hoffentlich bald wieder Blaubeeren wachsen, da gibt es die Stadtverwaltung, die versucht, für Weißwasser eine neue Zukunft zu denken und da gibt es die sorbische Gemeinde, die versucht, in einem Ort, der seine Wurzeln zu verlieren droht, genau diese zu bewahren. Durch das Tragen der Tracht, die Sprache, das gemeinsame Singen. Nagel und Günzel begegnen all ihren charismatischen Gesprächspartnern mit Respekt und einem großen Gespür für den Ort und die schwierige Situation. Dazu lässt der Film seinen ruhigen, klug komponierten Bildern genug Zeit, um sie auf die Betrachtenden wirken zu lassen. WUHLO – KOHLE ist ein Film über eine Gegend im Wandel. Und eine Mahnung an die, die die Verantwortung tragen, diesen Wandel auch positiv zu gestalten.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Maja Nagel; Julius Günzel
Drehbuch:Maja Nagel; Julius Günzel
Kamera:Julius Günzel
Schnitt:Julius Günzel; Maja Nagel
Musik:Falk Joost
Webseite:filmpunktart.de;
Länge:52 Minuten
Produktion: Filmpunktart Julius Günzel
Förderer:Kulturstiftung Sachsen; SLM

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein Künstler erforscht eine riesige, vor vielen Jahren gefällte Rotbuche wie ein Archäologe eine ausgegrabene Grabstätte. In einem aufgeforsteten Wald beginnen nach fünfzig Jahren wieder die Blaubeeren zu wachsen. Ein Gesangsquartett stimmt in einem Wald ein sorbisches Volkslied an. Anhand von solchen Impressionen erzählen Maja Nagel und Julius Günzel die Geschichte von einem mehrfachen Verlust. In der Lausitz wurden viele Jahrzehnte lang riesige Waldstücke abgeholzt und Landschaften verwüstet, weil dort im Tagebau Braunkohle gefördert wurde. Auch die Kultur der Sorben, einer in Deutschland lebenden westslawischen Ethnie, wurde durch den Kohleabbau in Mitleidenschaft gezogen, weil viele Sorben in der betroffenen Gegend wohnten und von ihrer Heimat entwurzelt wurden. Und nun ist auch die Zukunft der Region unsicher geworden, weil wegen einer neuen Energiepolitik der Kohleabbau vor dem Aus steht. In WUHLO - KOHLE werden Menschen vorgestellt, deren Leben existentiell durch diese Situation bestimmt wurde und wird. In ruhigen und langen Einstellungen folgt ihnen die Kamera und sie berichten von ihren Problemen, ihren Verlusten und ihren Versuchen, ihre Kultur und die Natur um sie herum zu bewahren. Durch die Vielzahl der verschiedenen Erfahrungen, Meinungen und Lebensentwürfe wird ein intensiver Eindruck vom Lebensgefühl der Menschen in dieser Region der Lausitz vermittelt, und durch die Zweisprachlichkeit des Films, in dem einige Menschen sich in der sorbischen Sprache ausdrücken, wird diese Kultur angemessen repräsentiert. Die beiden Filmschaffenden vertrauen auf die Kraft ihrer Bilder und sie geben ihren Protagonist*innen die Freiheit, sich mit ihren eigenen Mitteln auszudrücken. Und dabei finden sie wahrhaftige Momente, wenn etwa ein ehemaliger Lokalpolitiker behauptet: „Wir haben doch nichts falsch gemacht“ und man seinen Selbstzweifel in seiner Stimme hören kann. Maja Nagel und Julius Günzel ist mit WUHLO - KOHLE ein facettenreicher, intensiver und manchmal überraschend poetischer Film gelungen, dem die Jury gerne das Prädikat „besonders wertvoll“ zugesprochen hat.