Wie ich Kleber und Bronze besiegte

Filmplakat: Wie ich Kleber und Bronze besiegte

FBW-Pressetext

Aufstehen, frühstücken, den Verwandten die Zeitung bringen, in die Firma, in die Kneipe, zur Familie, nach Hause, lesen, schlafen: Mihajlo lebt die Regelmäßigkeit seines Alltags still und für sich. Und scheinbar zufrieden. Doch dann und wann, wenn Mihajlo in seiner Stammkneipe sitzt und andere Menschen beobachtet, wenn er allein zu Hause sitzt, wenn er am Flussufer spazierengeht – immer dann blitzt in Mihajlo etwas auf. Vielleicht sind es tiefe Empfindungen. Doch wäre in der Tristesse des Alltags überhaupt Platz dafür? Mit filmgestalterischer und inszenatorischer Präzision erzählt Vladimir Vulevic in WIE ICH KLEBER UND BRONZE BESIEGTE die Geschichte seine Protagonisten. Ein geschickter Schachzug ist es dabei, Mihaijlo quasi-dokumentarisch einfach nur zu beobachten und das Retardierende des Alltags geschickt zu montieren. Er selbst sagt kein Wort. Doch andere Menschen, wie sein Onkel, der Kneipenbesitzer im Ort oder Mihajlos Schwester – sie alle erzählen Geschichten von ihm, erzählen, wie es in ihm aussieht, was er denkt, was er für Träume hatte, erzählen seine Familiengeschichte. Zusammen mit der stetig beobachtenden Kamera, die Mihajlo nie aus ihren Fängen lässt, entsteht so die komplexe Charakterstudie eines einsamen Menschen, der mit seiner ebenso trostlosen Umgebung zu verschmelzen droht. Darüber hinaus erfährt man auch viel über die serbische Gesellschaft, in der Mihajlo lebt. Über ein Land, in dem die wirtschaftliche Not wächst und in dem die Hoffnung fehlt, verkörpert auch durch die Figur von Mihajlos Nichte, die schon jetzt als Kind von Gleichgültigkeit geprägt ist. WIE ICH KLEBER UND BRONZE BESIEGTE ist ein vielschichtiges, konsequent stilsicheres Milieudrama, das nachhaltig beeindruckt und in seiner monotonen Ruhe eine große filmische Kraft austrahlt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Man kann als Zuschauer sehr gut eintauchen in die depressive, traurige und einsame Welt, die Vladimir Vulevic in seinem 30-minütigen Kurzspielfilm präsentiert. Von Anfang an fesselt dazu noch die Ambivalenz zwischen scheinbar dokumentarischen Ton- und Bildaufnahmen und ihrer fiktionalen Formung, die den Film auszeichnet. Aus langen, dabei sehr präzise kadrierten Kamerafahrten im Wechsel mit Porträts und Ansichten entfaltet sich fragmentarisch das dargestellte Bild des Protagonisten: Fabrikarbeiter Mihajlo wird aus Perspektive derer beschrieben, die ihn gekannt haben. Nachbarn, Kollegen, Familienmitgleider kommen zu Wort. Was sie erzählen, ist unterschiedlich, widerspricht sich zum Teil. Hat er Werkzeuge gestohlen? Oder war er ein vorbildlicher Arbeiter? Hat er die Zeitung täglich vorbeigebracht? Oder es vergessen? Hat er seine Brötchen für sich gekauft oder sie gehortet? Tritt seine Nichte tatsächlich in seine Fußstapfen?

Die Jury war der Meinung, dass der Film gekonnt die besten Zutaten aus dem Dokumentarischen und dem Fiktionalen vereint, und dass ihm damit etwas gelingt, das zum eigenen Nachdenken und Erschließen anregt. Die Figur im Zentrum, Fabrikarbeiter Mihajlo, ist so offen, dass man sich als sich identifizierender Zuschauer ins Fiktionale seines erfundenen Lebens versenkt, als wären es reale Tatsachen; die durch sorgsame Kadrierung entstehenden Stilleben wiederum führen aus dem Rein-Dokumentarischen heraus. Dabei kommt der Film ganz ohne emotionalisierende Musik aus.

WIE ICH KLEBER UND BRONZE BESIEGTE ist ein Film, der von der großen Leinwand profitiert und erfolgreich mit Suggestionen arbeitet: Denn letzten Endes muss man sich als Zuschauer eigenständig ein Bild des Protagonisten machen. Gerne zeichnet die Jury den Film mit dem höchsten Prädikat „besonders wertvoll“ aus.