Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Der Film beginnt mit der Erfüllung eines großen Wunschs: Eine Hundertjährige möchte zu ihrem Geburtstag noch einmal einen jungen nackten Mann sehen. Und so gibt es im Altersheim eben eine Stripteaseshow. Ein ungewöhnlicher Einstieg, den die Regisseurin Nele Dehnenkamp hier wählt, und auch sonst entspricht in WE WILL SURVIVE nichts den Erwartungen und Befürchtungen, die sich beim Thema Alterspflege aufdrängen. Im Frankfurter „Julie Roger Haus“ ist alles anders. „Wir nennen es Haus statt Heim“, sagt der Leiter Armin Blum, der offen seine Homosexualität auslebt und dem es wichtig ist, dass auch die ihm anvertrauten Senioren ein erfülltes Liebesleben haben. Diese Seniorenresidenz wirkt wie ein utopischer Ort, und so präsentiert die Filmemacherin ihn auch. Das Haus ist mit Bildern von alten Filmstar an den Wänden liebevoll im Stil der 1950er Jahre eingerichtet, und die Kamera zelebriert die sehr häusliche, fast familiäre Atmosphäre, die dort herrscht. Weihnachtskekse werden gemeinsam von Pflegern und Gepflegten gebacken, und mit kleinen männlichen Geschlechtsteilen verziert. Die Stimmung im Haus wird von einer fröhlichen Toleranz und Lebensfreude bestimmt. Nele Dehnenkamp hat sowohl unter den Pflegekräften wie auch unter den Senioren Protagonisten gefunden, die gut erzählen können und mit einigen Sätzen oder Geschichten auf den Punkt bringen, was die Qualitäten dieser Einrichtung ausmacht. WE WILL SURVIVE ist stilistisch aus einem Guss, mit einem guten Timing geschnitten, die Kamera fängt entscheidende Details ein (wie etwa den Haushund, der sich von allen seine Streicheleinheiten abholt) und arbeitet mit einem stimmigen Konzept. Dies ist ein absolut überzeugendes Feel-Good-Movie aus einem Altersheim.