FBW-Pressetext

Zwei Kinder suchen im Watt nach Würmern. Schnell werden sie fündig. Doch als der Junge den Wurm als Angelköder verwenden will, stellt sich heraus, dass der Wurm sprechen kann. Er bittet um seine Freiheit, im Gegenzug zu einem Hinweis, wo ein Schatz im Watt vergraben sein könnte. Immer tiefer geraten der Junge und das Mädchen in das Watt hinein, doch dann kommt die Flut zurück und es wird immer nebliger. Der Kurzanimationsfilm WATTENWUNDER von Michael Zamjatnins greift auf kindgerechte Weise viele Themen auf. Dass die Neugier einen manchmal in brenzlige Situationen bringen kann. Dass auch Wattwürmer empfindsame Wesen sind, die es zu schützen gilt. Und wie gefährlich es ist, sich bei Ebbe so frei im Watt zu bewegen. Das sind wichtige Botschaften, die sich aber immer unterhaltsam vermitteln. Und obwohl die Geschichte immer spannender wird, gelingt es Zamjatnins doch, sie mit der genau richtigen Ruhe zu erzählen, die junge Zuschauer*innen nicht überfordert. So geht Kurzfilmunterhaltung für Kinder mit Tiefe und genauem Gespür für die Zielgruppe.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kinderfilm; Kurzfilm
Regie:Michael Zamjatnins
Drehbuch:Susanne Ziebell Zamjatnins; Michael Zamjatnins
Schnitt:Eckhard Blach
Musik:Werner Loll
Länge:8 Minuten
Produktion: Michael Zamjatnins
FSK:0
Förderer:BKM; KJDF; FFHSH; Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die Geschwister Paul und Rieke sind im nordfriesischen Watt unterwegs auf der Suche nach Angelködern. Schnell werden sie fündig und fangen einen riesigen Wattwurm. Der könnte, zerteilt, glatt für zehn Flundern reichen. Aber der Wattwurm ist nicht nur groß, er kann auch sprechen. Und er protestiert heftig, denn er hat nicht die geringste Lust, am Angelhaken zu enden. Stattdessen verspricht er den Kindern, ihnen einen Schatz zu zeigen, wenn sie ihn freilassen. Allerdings entspricht der Schatz, den sie mit seiner Hilfe finden, so gar nicht Pauls Vorstellungen. Und auch der zweite Schatz, den sie etwas weiter draußen auf seinen Hinweis hin ausgraben, enttäuscht ihn. Er will einen richtigen Schatz: Gold und Silber. Dafür müssen sie allerdings noch tiefer hinaus in Watt – und bald kommt die Flut.

WATTENWUNDER von Michael Zamjatnins ist ein kleines filmisches Wunder: ein kurzer, dramaturgisch stimmiger, schön gezeichneter Animationsfilm, der ein großes Abenteuer erzählt, phantastische Elemente enthält und Moral vermittelt – und das alles absolut kindgerecht, unaufgeregt und ohne erhobenen Zeigefinger.

Die Geschichte ist genau verortet und knüpft an der kindlichen Erfahrungswelt (zumindest an der Küste) an. Kleidung und Ausrüstungsgegenstände, die die Kinder mit sich führen und mit denen sie versiert umgehen, machen deutlich, dass sie nicht zum ersten Mal auf Würmersuche im Watt unterwegs sind. Es wird nicht explizit gesagt, dass die beiden Geschwister sind, aber die Konstellation und ihr Umgang miteinander sprechen dafür. Der ältere Paul stürmt vorweg und übernimmt das Kommando – auch über seine jüngere Schwester Rieke. Die weiß allerdings damit umzugehen, protestiert, wenn es nötig ist, und erweist sich alsbald als die Tatkräftigere und schließlich als die Klügere. Insgesamt ist es bemerkenswert, dass die Kinder sehr autonom handeln und auch angesichts wunderlicher Dinge, wie einem sprechenden Wattwurm, und drohender Gefahr, wie der heranrücken Flut, nicht in Angst oder Panik verfallen. Das charakterisiert auch die Dramaturgie des Films, der nichts unnötig aufbauscht, sondern mit großer Ruhe und Konsequenz seine Geschichte erzählt. Dabei bagatellisiert er die drohende Gefahr nicht, sondern zeigt, dass man ihr mit mutigem und besonnenem Handeln entkommen kann – und dass man, bevor man sich wieder ins Watt begibt, am besten im Gezeitenkalender nachschaut – wie Rieke es nach überstandenem Abenteuer ganz selbstverständlich tut.

Im Grunde erzählen Michael Zamjatnins und seine Co-Autorin Susanne Ziebell-Zamjatnins eine kindgerechte Variante des plattdeutschen Märchens vom Fischer und seiner Frau, deren Gier sich Maßlose steigert, bis sie schließlich alles wieder verliert. Im Film ist Paul der Unersättliche, der nach Gold und Silber verlangt, während Rieke auch mit den vorherigen Offerten des Wattwurms zufrieden wäre und erkennt, dass eine Flasche Limonade ein echter Schatz sein kann, wenn man durstig ist. Wie im Märchen ist der Schatz am Ende wie gewonnen, so zerronnen, aber die Kinder können froh sein, dass es ihnen nicht ergeht wie den Bewohnern der mythischen Stadt Rungholt, die in der großen Marcellusflut im Januar 1362 („Grote Mandränke“) im Meer versank – der Überlieferung nach, weil die Menschen dort zu reich und unverschämt geworden waren.

So bietet der Film nicht nur Unterhaltung für Kinder und Erwachsene, sondern spricht darüber hinaus wichtige Themen aus den Bereichen Natur, Mythologie und Moral an, die man im Gespräch weiter vertiefen kann. Aber man kann WATTENWUNDER auch einfach nur genießen, denn auch in der künstlerischen Gestaltung ist der Film hervorragend gelungen: Das Wattenmeer und die Dünenlandschaft am Strand sind detailgenau und wunderschön wiedergegeben. Die beiden Kinder sind sympathisch gezeichnet und gut animiert. Die stimmungsvolle Musik (Werner Loll) und das ausgefeilte Sounddesign (Eckhard Blach) untermalen und akzentuieren die Geschichte, die im Schnitt harmonisch zusammenfügt wird zu einem Filmerlebnis für die ganze Familie.