Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Wenn in einem Film eine einzige Situation so wahrhaftig, intensiv und komplex inszeniert wird wie es Milena Aboyan in WAS BLEIBT gelungen ist, dann öffnet sich in wenigen Minuten eine ganz eigene Welt mit ihren Widersprüchen, Gefahren, Stimmungen und Konventionen. Wie unter einem Brennspiegel wird hier davon erzählt, wie junge muslimische Frauen in ihrer noch weitgehend von ihren konservativen Werten bestimmten Gesellschaft versuchen, sich selber Freiräume zu schaffen. So ist die Toilette ein belagertes Refugium, in dem die frischverheiratete Braut Elaha mit ihren beiden Freundinnen für kurze Zeit ungestört sein können. Mit einem künstlichen Jungfernhäutchen können die Erwartungen aller erfüllt werden, aber Elaha möchte ihre Ehe nicht mit einer Lüge beginnen. In Echtzeit und sehr naturalistisch wird diese Szene gestaltet. Die drei Darstellerinnen wirken absolut glaubwürdig und natürlich. Da gibt es nicht einen falschen Ton. Die intime Szene ist nie voyeuristisch und die Dialoge sind so gut geschrieben und gesprochen, dass sie eher dokumentiert als inszeniert wirken. Und der Film ist wichtig, denn er zeigt auf, in welchen Zwiespalt die Bigotterie einer Gesellschaft ihre Jugend stürzen kann. Möglichst viele junge muslimische Frauen, aber auch Männer sollten WAS BLEIBT sehen können, denn hier wird ein Tabu gebrochen und so eine Chance auf Veränderung geboten.