Filmplakat: Waid

FBW-Pressetext

Die Jägerfamilie lebt in einer kleinen Hütte am Rande des Waldes. Doch seit geraumer Zeit entzieht sich der Sohn den strengen Erziehungsmethoden der Eltern, er ist schweigsam und wortkarg und scheint zu verwildern. Denn nur im Wald findet er Freiheit und Frieden. Die Mutter will bei der Abkapselung des Jungen nicht länger zuschauen und möchte ihn in einem Internat anmelden. Das bedeutet für den Sohn Abschied nehmen von seiner Freiheit. Oder etwa doch nicht? Lorenz Piehl, Absolvent an der renommierten Filmakademie Baden-Württemberg, inszeniert mit WAID einen Kurzfilm, dessen atmosphärische Dichte in jedem Gewerk überzeugt. Die eindringliche Musik, die genau komponierten Kameraeinstellungen, die fast schon traumgleiche Szenerie, die entsättigten Farben, die symbolisch aufgeladenen Bilder von toten, ausgestopften Tieren – all das erschafft Gänsehaut-Atmosphäre, die dazu noch zum Rätseln einlädt, wofür die gleichnishafte Geschichte stehen könnte. Ein Reifeprozess, der Widerstand formt? Ein junger wacher Geist, der sich von den Fesseln der Eltern befreit? Oder einfach eine tragisch-dramatische Familiengeschichte mit Thriller-Qualitäten? Auf jeden Fall ein starker, stimmungsvoller Film, der in jeder Hinsicht beeindruckend gelungen ist.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Spielfilm; Kurzfilm
Regie:Lorenz Piehl
Darsteller:Jonathan Lade; Annette Mayer; Martin Wangler
Drehbuch:Belo Schwarz
Kamera:Maciej Rolbiecki
Schnitt:Robin Jünkersfeld
Musik:Chiara Strickland
Weblinks:vimeo.com; ;
Länge:20 Minuten
Verleih:Filmakademie Baden-Württemberg
Produktion: Filmakademie Baden-Württemberg GmbH, Giganten Film Produktions GmbH;

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.


Langsam, ganz langsam, besinnt sich das deutsche Kino auf seine Ursprünge und Anfänge und damit auch auf jene Art von Filmen, auf die manche/r Cineast*in mit Naserümpfen reagiert. Gemeint sind damit Genrefilme vor allem in ihrer Ausprägung als Horror- oder Fantasyfilme, die es als Folge des „neuen deutschen Films“ schwer haben und selten je in den Genuss von Fördergeldern kommen. Langsam erst ändert sich das in den letzten Jahren und zeigt, dass die Werke, die in diesem Kontext entstehen, weitaus mehr sind, als effekthascherische Filme für den billigen Kitzel.

Auch Lorenz Piehls Kurzfilm WAID ist weitaus mehr als „nur“ ein Horrorfilm. WAID verknüpft düstere Romantik mit Motiven des Coming-of-age-Dramas und formt daraus ein sehr dichtes, ebenso anspielungs- wie detailreiches Werk, das von Anfang an in den Bann zieht und begeistert und dem bei allem Grusel auch eine sehr eindrückliche und konkrete Botschaft gelingt, wenn es die Naturliebe und Wildheit von Felix gegen das Domestizierungsbestreben seiner Eltern setzt.

Das liegt vor allem an der atmosphärischen Kameraarbeit und dem wuchtigen Sounddesign, mit deren Hilfe ein Gefühl der ständigen Bedrohung aufgebaut wird und die das Gefühl der Verunsicherung, das den heranwachsenden Felix ebenso ergreift wie seine Eltern, nahezu körperlich spürbar werden lässt.

Auch bei der Besetzung der wenigen Rollen und bei der Schauspielführung zeigt sich das unzweifelhafte Talent des noch jungen Filmemachers. Der junge Hauptdarsteller ist hinreißend androgyn besetzt und strahlt ebenso viel Verletzlichkeit wie Wildheit aus, denen sich seine Eltern mit aller Kraft und Autorität entgegenstemmen – bis zu einem Ende, das zwar nicht vollends eindeutig geraten ist, aber dennoch das Publikum dazu anregt, die Geschichte zu Ende zu denken. Dennoch bleibt ein Rest vom Geheimnis, das diesen Film umgibt – auch das ist im deutschen Kino ja eine Seltenheit.

Immer wieder erinnert der Film in Bildmotiven und -findungen, aber auch in seiner Erzählhaltung an bekannte Vorbilder wie BLAIR WITCH PROJECT oder BLUE MY MIND, ohne dabei aber als plumpe Kopie der genannten Filme zu wirken. Vielmehr entwickelt Lorenz Piehl aus dem Stoff etwas ganz Eigenes, das Lust macht auf die noch folgenden Filme des Regisseurs.