Vom Hirschkäfer zum Hakenkreuz

Kinostart: 09.01.03
2001
Filmplakat: Vom Hirschkäfer zum Hakenkreuz

Kurzbeschreibung

Mit Hilfe einer digitalen Suchmaschine versuchen zwei junge Filmemacher, Zusammenhänge, Berührungspunkte und Parallelen zwischen Avantgarde, Kulturfilm, Ufa und NS-Propaganda aufzuzeigen.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Experimentalfilm
Regie:Oliver Lammert; Madeleine Dewald
Darsteller:Alfred Schobert; Peter Herger; Paul F. Bruchhaeuser
Drehbuch:Oliver Lammert; Madeleine Dewald
Länge:81 Minuten
Kinostart:09.01.2003
Produktion: DOCK 43 film & medien GbR Madeleine Dewald

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Der Hirschkäfer, bereits in den 20er Jahren ein Motiv im damals noch jungen deutschen Kulturfilm, dient als Ausgangspunkt für eine lange Kette von Assoziationen, die von den Anfängen des avantgardistischen Films in Deutschland über das Dritte Reich bis zur Neo-Nazi-Szene heute, von den Anfängen des Kulturfilms über Wald und Wiese bis zu Leni Riefenstahls Schaffen, von Franz Kafka bis zu Ernst Jünger reicht. Der Film bietet zu diesem breit gefächerten Thema, unter das die Avantgarde der 20er Jahre wie der Propagandafilm des Dritten Reiches und die Musikwelle von „Dark Wave“ eingeordnet werden, eine schier unerschöpfliche Fülle von Material und eine Vielfalt an Formen – vom Stummfilm bis zur digitalen Bearbeitung von Hirschkäfermodellen am Computer.

Doch die vielen Häppchen, die im Stil des Surfens durch das Internet angeboten werden, fügen sich nur selten zu einem wohlschmeckenden, vollständigen Menü zusammen. Zu viel wird hier nur angedeutet, zu viele Behauptungen werden aufgestellt, zu viele Fragen bleiben offen – oder, wie ein Ausschußmitglied es formulierte, es werden zu viele Türen aufgestoßen und sofort wieder zugemacht. Dabei bleibt zwangsläufig vieles an der Oberfläche, sei es nun die Geschichte des Kulturfilms oder die Beschäftigung mit Leni Riefenstahl oder der neuen rechten Bewegung.

Irritierend wirkten auch die im verschwörerischen Flüsterton vorgetragenen Literatur-Zitate von Franz Kafka, Ernst Jünger und Wilhelm Busch, in deren Mittelpunkt der Käfer steht, allerdings eher der Maikäfer und nicht der im Filmtitel erwähnte Hirschkäfer. Dessen Werdegang vom Natur-Hirschkäfer zum digitalen Hirschkäfer wurde zwar technisch fesselnd dargeboten, doch mehr Tiefgang und mehr Konzentration an vielen Stellen hätte dieser Aufarbeitung eines Kapitels deutscher Filmhistorie gut getan.