Jury-Begründung
Prädikat wertvoll
In ihrem Kurzfilm erzählt Laura Engelhardt von den ersten sexuellen Erfahrungen des 12-jährigen Dan, der an Skoliose, also einer Verkrümmung der Wirbelsäule, leidet. Da seine alleinerziehende Mutter oft in der Nachtschicht bei einem Sicherheitsdienst arbeiten muss, passt die 17jährige Anna als Babysitterin auf den Jungen auf. Nach einem Streit mit der Mutter kommt es zwischen den beiden Jugendlichen zu einer Grenzüberschreitung. Dan und Anna kommen sich in diesem Film zu nah, wobei Laura Engelhardt diesen Übergriff nicht moralisch bewertet, ihn also nicht so inszeniert, dass er eindeutig als Missbrauch gedeutet werden muss. Stattdessen betont sie die Körperlichkeit ihrer Filmfiguren, indem sie auch mit der Kamera immer „zu nah“ an den Protagonist*innen ist, also mit extremen Nahaufnahmen arbeitet. Dadurch gelingt es ihr, eine große Intensität zu erzeugen, und mit einer stilistischen Konsequenz eine Einheit zwischen Inhalt und Form zu erreichen. Die Jury lobte auch, wie souverän es der Regie gelungen ist, in der kurzen Zeit die komplizierten Beziehungen zwischen den drei Protagonist*innen darzustellen und Intimität zu inszenieren. Gelobt wurde auch, wie glaubwürdig die drei Darsteller*innen agieren, wobei besonders die Führung und Leistung des 12jährigen Jasper Barthels überzeugte. Einzelne Jury-Mitglieder kritisierten, dass durch die sehr hermetisch abgeschlossene Erzählwelt, die der Film aufbaut, kein wirklicher Zugang zu den Figuren möglich war. Trotz der großen, gerade auch durch die Kamera inszenierte Nähe, blieben die Figuren der Jury fern. Die erwähnte Intensität der Erzählung wurde als konsequenter Stilwille, aber auch als zu singuläres Stilmittel gesehen. In Abwägung aller Argumente und nach einer sehr spannenden Diskussion verleiht die FBW-Jury dem Film gern das Prädikat ‚wertvoll‘.