Uhrmenschen

Filmplakat: Uhrmenschen

FBW-Pressetext

Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit. Und wenn man dann endlich Feierabend hat, denkt man an die Arbeit und kann nachts nicht schlafen. Oder es fallen einem die Haare aus vor Stress. Probleme, die nur wir in der Jetztzeit kennen? Keineswegs. Auch schon Höhlenmenschen, Ägypter, afrikanische Naturvölker wussten davon zu berichten – wie ausführliche Gespräche mit ihnen beweisen. Der an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf studierende Nachwuchsfilmemacher Hao Yu setzt das aktuelle Thema der Überarbeitung und des damit zusammenhängenden Stresses spielerisch um, indem er die tatsächlichen Gespräche mit chinesischen Arbeitenden auf der Tonebene im Setting von verschiedenen Naturvölkern animiert. So sitzt der Höhlenmensch-Papa mit seinem hyperaktiven Kind am Feuer, während die Mutter versucht, das „Home Office“ am Laufen zu halten. Oder der Vorarbeiter spricht über sein mehr als ausreichendes Gehalt, während im Hintergrund die als Sklaven behandelten Arbeiter aufpassen müssen, dass sie bei der Arbeit nicht auch ihr Leben verlieren. Der subtile Witz, der sich in jeder der kleinen animierten Sequenzen versteckt, lässt dabei jedoch nicht den Ernst der Situation für die Arbeitenden, die sich hier äußern, vergessen. UHRMENSCHEN ist ein kluger Animationsfilm, der sein Thema clever reflektiert und dabei die Aufmerksamkeit auf einen wichtigen Konflikt unserer Zeit lenkt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Hao Yu
Drehbuch:Hao Yu
Schnitt:Hao Yu
Musik:Yunzheng Hu
Webseite:yuhaoanimation.com;
Länge:5 Minuten
Verleih:Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf
Produktion: Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
Förderer:Filmuniversität Babelsberg

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Hao Yu arbeitet in seinem animierten Kurzfilm mit einem altbekannten, aber immer wieder sehr effektiven Stilmittel: dem Kontrast zwischen der Ton- und Bildebene, durch den ein ironischer Verfremdungseffekt geschaffen wird. Auf der Tonebene hat er Fragmente von Interviews mit chinesischen Lohnarbeitern und Lohnarbeiterinnen aneinandergereiht, in denen diese von den extremen Arbeitsbedingungen erzählen, unter denen es ihnen unmöglich ist, ein ausgefülltes und gesundes Leben zu führen. Auf der Bildebene sieht man Menschen, die in antiken und prähistorischen Zeiten leben und lippensynchron die Worte ihrer modernen, real existierenden „Doppelgänger“ sprechen. So sitzt etwa eine Frau in einem Steinzeitkostüm, das eindeutig von der Zeichentrickserie „The Flintstones“ inspiriert wurde, an einem steinernen Schreibtisch, bei einer Menschengruppe sieht man im Hintergrund die ägyptischen Pyramiden und ein anderer Protagonist hat sich auf einen Baum geflüchtet, weil er von einem Wolf gejagt wird. All das wurde mit einigem Sinn für Situationskomik animiert – da wirkt es dann auch komisch, wenn einer der Protagonisten seinen kahlen Kopf zeigt, um so zu illustrieren, dass ihm wegen dem ständigen Stress bei seiner Arbeit die Haare ausgefallen sind. Die Interviewten beschreiben dagegen im Ton eines persönlichen Gesprächs und sachlich, wie extrem und systematisch sie ausgebeutet werden. Hao Yu hat mit einer Spieldauer von fünfeinhalb Minuten das richtige Maß für seinen Film gefunden, denn dessen Reiz ist die Überraschung über die anachronistische Zusammenführung. Und diese würde in einem längeren Film schnell redundant wirken. Aber so ist ihm ein origineller, komischer und humanistischer Film über die Frage gelungen, ob sich die Menschheit nicht heute genauso abplagen muss wie in Urzeiten. Die FBW-Jury erteilt dem Kurzanimationsfilm gern das höchste Prädikat BESONDERS WERTVOLL.