Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Hao Yu arbeitet in seinem animierten Kurzfilm mit einem altbekannten, aber immer wieder sehr effektiven Stilmittel: dem Kontrast zwischen der Ton- und Bildebene, durch den ein ironischer Verfremdungseffekt geschaffen wird. Auf der Tonebene hat er Fragmente von Interviews mit chinesischen Lohnarbeitern und Lohnarbeiterinnen aneinandergereiht, in denen diese von den extremen Arbeitsbedingungen erzählen, unter denen es ihnen unmöglich ist, ein ausgefülltes und gesundes Leben zu führen. Auf der Bildebene sieht man Menschen, die in antiken und prähistorischen Zeiten leben und lippensynchron die Worte ihrer modernen, real existierenden „Doppelgänger“ sprechen. So sitzt etwa eine Frau in einem Steinzeitkostüm, das eindeutig von der Zeichentrickserie „The Flintstones“ inspiriert wurde, an einem steinernen Schreibtisch, bei einer Menschengruppe sieht man im Hintergrund die ägyptischen Pyramiden und ein anderer Protagonist hat sich auf einen Baum geflüchtet, weil er von einem Wolf gejagt wird. All das wurde mit einigem Sinn für Situationskomik animiert – da wirkt es dann auch komisch, wenn einer der Protagonisten seinen kahlen Kopf zeigt, um so zu illustrieren, dass ihm wegen dem ständigen Stress bei seiner Arbeit die Haare ausgefallen sind. Die Interviewten beschreiben dagegen im Ton eines persönlichen Gesprächs und sachlich, wie extrem und systematisch sie ausgebeutet werden. Hao Yu hat mit einer Spieldauer von fünfeinhalb Minuten das richtige Maß für seinen Film gefunden, denn dessen Reiz ist die Überraschung über die anachronistische Zusammenführung. Und diese würde in einem längeren Film schnell redundant wirken. Aber so ist ihm ein origineller, komischer und humanistischer Film über die Frage gelungen, ob sich die Menschheit nicht heute genauso abplagen muss wie in Urzeiten. Die FBW-Jury erteilt dem Kurzanimationsfilm gern das höchste Prädikat BESONDERS WERTVOLL.