Tsotsi

Filmplakat: Tsotsi

FBW-Pressetext

Ein schwarzer Kleingangster in Südafrika. Eine Welt, von der wir wenig wissen. Regisseur Gavin Hood macht daraus eine universelle Geschichte, die mit wenigen Worten auskommt und auch das verstockteste Herz noch rührt. Der diesjährige Gewinner des „Oscars“ für den besten ausländischen Film beweist, dass das Kino und seine Bilder für unser Verständnis von der Welt unverzichtbar sind.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama; Jugendfilm; Gangsterfilm
Regie:Gavin Hood
Darsteller:Presley Chweneyagae; Mothusi Magano; Israel Makoe
Drehbuch:Gavin Hood
Buchvorlage:Athol Fugard
Webseite:;
Weblinks:;
Länge:94 Minuten
Kinostart:04.05.2006
Verleih:Kinowelt
Produktion: Industrial Development Corporation of South Africa, The National Film und Video Foundation of SA; The UK Film & TV Production Company;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

In keinem Moment wird der Film, und das ist sein größter Verdienst, zum bloßen Spiel. Am Beispiel eines einzigen, armseligen Schicksals werden archaische Gefühle angesprochen. Die Inszenierung weckt keine falschen Gefühle zu Gunsten eines Schaueffekts. Der Regisseur versucht nicht, auf Kosten seiner Figuren falsches Mitleid zu erzeugen, er lässt ihnen Würde und Selbstverständnis, will Situationen nicht beschönigen oder gar erklären. Die menschliche Tragödie, die er zeigt, ist echt, aber nicht ohne Hoffnung.

Tsotsi bedeutet „Gangster“ und ist ein Begriff aus der Gossensprache Südafrikas. Seine Gang nennt ihn so und auch er selbst erinnert sich kaum an seinen richtigen Namen - David. In kurzen Rückblenden kann der Zuschauer sehen, warum er diesen Namen vergessen hat, warum er ein Einzelgänger ist und einer, der sich nur in Gewalt ausdrücken kann und will. Zusammen mit seiner Gang, drei ebenso Heimatlosen wie er selbst, verdient er sich das Bisschen fürs Leben mit Überfällen in der U-Bahn oder bei Zockereien. Doch als Tsotsi ein Auto stiehlt und eine Frau schwer verletzt, hat er nicht damit gerechnet, dass im Auto ein Baby liegt. Nach anfänglichem Zögern kümmert er sich um das Kind, merkt selbst, dass es ihm nicht ausreichend gelingt und verfällt auf eine besondere Idee.

Zunächst lernt der Zuschauer Tsotsi als kalten und trotz seiner Jugend abgebrühten Kriminellen kennen. Er kennt kein Mitleid und so lebt und handelt er. Doch sobald er die Anwesenheit des Kindes bemerkt, geht in ihm eine Verwandlung vor. Zuerst hilflos und ungeschickt, aber zunehmend liebevoll kümmert er sich um das Baby. Sein erwachendes Verantwortungsgefühl lässt ihn über sich selbst hinaus wachsen. All seine Einsamkeit und Verlassenheit zählen nicht mehr, denn er spürt die Verantwortung für das Kind.

Der Film und sein Hauptdarsteller zeigen diese Entwicklung in eindringlichen Bildern, mit kargen Dialogen, die nur das Nötigste an Sprache zulassen. Die Katharsis des Kindesentführers wird konsequent glaubhaft gemacht. In Szenen, die Gewalt zeigen, ist die Kamera dabei, ohne voyeuristisch zu sein, der subjektive Blick spielt ein wichtige Rolle.

Regisseur Gavin Hood, Autor auch des Drehbuchs nach der Novelle von Athol Fugard, versteht es, die richtigen Akzente zu setzen. Er erzählt von Menschen und Begebenheiten, die ihm bekannt sind, und das teilt sich dem Zuschauer mit. Die Musik unterstützt die Wirkung des Films perfekt.

Presley Chweneyagae, der Darsteller des Tsotsi, selbst in Johannesburg geboren und in Soweto aufgewachsen, überzeugt und berührt durch seine Darstellung. Die Inszenierung gibt ihm großen Raum, in dem er seine Rolle eindringlich gestaltet. In der eindrucksvollen Schlussszene im Showdown kommen noch einmal alle Gefühle und Leiden des harten, freudlosen Lebens zum Ausdruck und werden in seinen Gesichtszügen erkennbar, gleichzeitig aber auch das neue, ihm bewusst gewordene Gefühl. Dieses Erlebnis der Verantwortung für ein anderes, hilfloses Leben lässt ihn zu sich selbst zurück kehren und offen werden für das Leben. Das offene Ende entlässt den Zuschauer mit positiven Gefühlen.

Die FBW-Jury hat neben diesen Qualitäten des Films positiv vermerkt, dass der Regisseur auf die häufig gesehenen Bilder südafrikanischer Landschaft verzichtet, was dem Film eine unangemessene Schönheit und Versöhnlichkeit verliehen hätte.