Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Mit statischen Kameraeinstellungen werden hier Bilder von einem Stierkampf im Süden Frankreichs gezeigt. Die Arena wird mit weißem Schaum bedeckt, der den Blick immer nur auf Teile des Geschehens freigibt. So sieht man junge Männer, die sich im Ring dem Stier stellen, ihn locken, provozieren, vor ihm tanzen und sich dabei wie Gockel produzieren. Einige kugeln sich selber in aufgeblasenen Schutzanzügen durchs Bild. Der Stier durchbricht immer wieder diese Selbstinszenierungen, doch da durch die strenge Kadrierung der Bilder diese nur einen sehr fragmentierten und arbiträren Blick auf das Geschehen ermöglichen, ist es bis zuletzt unmöglich, einen „ungetrübten“ Eindruck vom Geschehen zu bekommen. Eher wirken die Bilder stattdessen oft abstrakt oder surreal. Bestärkt wird dieser Verfremdungseffekt durch ein sehr artifizielles, eindeutig „gemachtes“ Tondesign. So wie hier klingt etwas im Film und nicht in der Realität (die Geschwindigkeit des Stiers wird etwa mit einem „Wusch-Klang“ betont, der in Actionfilmen üblich ist). Der Reiz dieses im guten Sinne befremdlichen Experimentalfilms besteht darin, dass die Zuschauer sich ihren eigenen Reim auf das Gesehene und Gehörte machen müssen. So macht TOURNEUR das Angebot einer ganz eigenen, faszinierenden Seherfahrung.