Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
"Tom & Viv" ist über die Filmbiographie des Dichters T.S. Eliot hinaus vor allem ein eindrucksvollen Porträt einer ungewöhnlichen Frau, die dem Dichter Muse, Ehefrau und Widerpart war. Während sie, einer aristokratischen Familie entstammend, aus den Konventionen der Gesellschaft ausbrechen will, strebt er bis zur Verleugnung seines Charakters danach, eben dieser Gesellschaft anzugehören. Als Amerikaner sucht er Zutritt zur englischen Gesellschaft, arbeitet in vornehmen Banken und Verlagen, meldet sich sogar freiwillig zur englischen Armee und knüpft Verbindungen zum höheren Klerus. Ihre Revolte dagegen bleibt vergeblich. Ein Prozess der Entfremdung setzt ein. Er lässt sie bei seinem Aufstieg an der zunehmenden Anerkennung nicht teilnehmen. Schließlich ist es ihr nicht mehr möglich, ihre Frauenrolle unter dem Druck der Konventionen weiterzuspielen, und sie wird schließlich hinderlich für seine Karriere. Diese Geschichte wird psychologisch stimmig erzählt, in der Form nicht revolutionär, sondern gutes, traditionelles Erzählkino, das sich vor allem an ein erwachsenes Publikum wendet. Sorgfältig ist der Film auch in der Zeichnung des zeitgeschichtlichen Hintergrundes und der englischen Gesellschaft der 20er Jahre. So entwickelt sich auf der Leinwand nicht nur die problematische Beziehung zwischen dem asketisch verschlossenen Dichter und einer psychisch instabilen, sich selbst verzehrenden Frau, sondern - im Verein mit der Inszenierung, den darstellerischen Leistungen, der Kamera, der Ausstattung und der Musik - auch das Bild einer Epoche.