The Expert at the Card Table - Looking for Erdnase
FBW-Pressetext
Ein berühmtes Kartenzauberbuch und sein mysteriöser Autor – eine höchst vergnügliche Spurensuche in der Welt der Tricks und MagieFragt man professionelle Kartenspieler, aus welchem Buch sie ihre Tricks erlernt haben, erhält man oft dieselbe Quelle. Doch auf eine entscheidende Frage gibt es seit über einem Jahrhundert keine befriedigende Antwort: Wer war der Autor des Buches? War sein Name wirklich S.W. Erdnase? Und wie ist seine Geschichte? Als gelungene und höchst unterhaltsame Mischung aus Dokumentation und Fiktion geht der Film auf Spurensuche nach einem der größten Geheimnisse in der Welt des Kartenspiels.
Der Film in der Regie von Hans-Joachim Brucherseifer (Drehbuch: Theresa Worm) wirkt selbst wie ein wunderbarer und nicht zu durchschauender Zaubertrick. Als Zuschauende folgt man den verschiedenen Hinweisen führender Kartenspieler*innen und Mitgliedern des „Magischen Zirkels“, die jeweils eigene Theorien zu haben scheinen, mit großer Spannung und einem Höchstmaß an Vergnügen. Brucherseifer und sein Team greifen jeder dieser Ideen auf und setzen sie filmisch als fiktionale Spielszenen um. Die große inszenatorische Eleganz führt dann auch dazu, dass man sich entweder jeder einzelnen anschließen könnte oder ganz für sich entscheidet, welche der Theorien man am ehesten glauben möchte. Dass der Film nicht über ein Hollywood-Budget verfügt, merkt man der Produktion nicht an. Die Ausstattung ist elegant, die Dreh-Locations sind gut gewählt und mit einem guten Blick für die richtige Stimmung in Szene gesetzt, dazu verkörpert der bekannte Mentalmagier Yann Yuro die möglichen Inkarnationen von S.W. Erdnase glaubwürdig und mit viel Charisma. Ob die Identität eines der größten Mysterien der magischen Welt am Ende verraten oder aufgeklärt wird, soll hier offengelassen werden. Aber vielleicht ist dies auch nicht so wichtig. Denn schließlich ist es viel zu schön, sich einfach nur verzaubern zu lassen.
Filminfos
Gattung: | Drama; Dokumentarfilm |
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Regie: | Hans-Joachim Brucherseifer |
Darsteller: | Yann Yuro a.k.a. Florian Beyer; Peter Seaton-Clark; Alexander Franzen; u.a. |
Drehbuch: | Theresa Worm |
Kamera: | Marc Tressel-Schmitz |
Schnitt: | Daniela Schramm Moura; Hélène Gicquel |
Musik: | Georg Mausolf |
Webseite: | ; |
Länge: | 84 Minuten |
Kinostart: | 07.07.2022 |
Produktion: | Fourmat Film GmbH |
FSK: | 12 |
Förderer: | HessenFilm und Medien |
Jury-Begründung
„…und wenn es nicht die Wahrheit ist, so ist es doch gelogen…“ heißt es in einem deutschen Kinderlied. Niemand sollte sich nicht vom langen Titel täuschen lassen, THE EXPERT AT THE CARD TABLE – LOOKING FOR ERDNASE ist mindestens so unterhaltsam wie dieses Lied, gerade für ein erwachsenes Publikum. Eine Suche nach dem unbekannten Autor eines englischsprachigen Buches über Kartenmagie und –kunststücke: Der Plot des Dokumentarfilms klingt wahrlich nicht spannend, zumindest für Zuschauer, die sich in der Welt von Zauberei und Kartentricks nicht auskennen. Umso erstaunlicher der Reiz, den der Film dennoch ausstrahlt. Unter den Juroren befindet sich in der Tat niemand, der oder die sich in der Kartenspielerszene auskennt und folglich darf prima facie auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Interesse an DEM Fachbuch zu Spielertricks sonderlich groß sein kann. Hans-Joachim Brucherseifers Dokumentardrama aber hat das Zeug, Zweifler eines Besseren zu belehren.„Better than winning is forcing a risk“ heißt es zu Beginn des Films, nur um etwas später durch den Satz „just because it's easy to believe, it is not true“ ergänzt zu werden. Brucherseifer hat sich diese Maximen augenscheinlich zu Eigen gemacht und einen charmanten und - zumindest aus den Augen des Laien - doppelbödigen Film über ein Kartengenie geschaffen. Mit genauso einfachen wie überzeugenden Mitteln befördert der Film seine Zuschauer ins Milieu der Kartentrickser und Magier. Dort hat einst ein Mann namens S.W. Erdnase das legendäre Buch der Kartenmagie geschrieben. Über das Anagramm dieses doch recht merkwürdigen Namens kommen Spurensucher diversen Männern, unter anderem des Öfteren mit dem Familiennamen Andrews, auf die Spur. Ob die, die diese verschiedenen Theorien vertreten, aber auch des Rätsels Lösung nahe sind, das will oder kann der Film bis zum Schluss natürlich nicht verraten.
Mit ein wenig Magie und guten Spielszenen vermag Hans-Joachim Brucherseifer ein an sich recht trockene Thema überzeugend aufzubereiten. Acht Fachleute, die sich mehr oder weniger der Magie der Karten verschrieben haben, werden zu ihren Theorien befragt. Fachleute, die versuchen, einander zu widerlegen und deren Glaubwürdigkeit zumindest ein Kartenlaie nicht hinterfragen kann. Das ist in den Augen der Jury kein Minuspunkt. Im Gegenteil: So, wie Zauberei und Magie davon leben, dass sie viel erzählen, um Illusionen zu schaffen, so funktioniert auch der Film. Schnell dürfen sich Zuschauer in seinen Bann gezogen fühlen. Und auch die Jury hat alsbald damit begonnen zu spekulieren, wer denn das Genie nun tatsächlich war, das THE EXPERT AT THE CARD TABLE einst verfasst hat.
Ausgezeichnete Schauplätze, eine hervorragende Lichtsetzung und interessante Spielszenen lassen die textuellen Parts des Films transparent erscheinen. Das Timing stimmt, die Montage auch. Aus streng journalistischer Sicht sind das sicherlich keine Argumente für Qualität, in filmischer Hinsicht aber hat Brucherseifers Dokudrama das, was ein Film braucht: er vermag zu unterhalten, vielmehr noch: zu verzaubern. Die Magie der Illusionisten trifft auf die Magie der Filmemacher. Und zur Sicherheit hält sich Brucherseifer immer eine Hintertür offen, wenn er sich in Wort und Bild auf das Grundprinzip der Magier beruft, das besagt: „Vertraue nicht allem.“ Das hat Stil, das hat Größe und vor allem hat das Unterhaltungswert.
Nach einer durchaus spannenden Diskussion und in Erwägung aller dargelegten Argumente kommt die Jury daher zu dem Entschluss, THE EXPERT AT THE CARD TABLE – LOOKING FOR ERDNASE das Prädikat „besonders wertvoll“ auszusprechen.