Tara and the Blue

FBW-Pressetext

Tara lebt an der katalanischen Küste und arbeitet bei ihrem Vater auf dem Fischkutter. Doch wenn die lange Schicht vorbei ist, dann geht sie zu ihrer Clique und macht nachts Party. Als sie eines Tages ein Päckchen mit Kokain findet, beschließt sie, dass dies ihr Ticket ist. Für eine Reise, die sie weit weg von all dem bringt, was vielleicht ihr Zuhause sein soll. Aber wo keine Zukunft auf sie wartet. Gerade zu Beginn des knapp 20-minütigen Kurzspielfilms von Regisseur Pol Ponsarnau und der Drehbuchautorin Regina Dietl sind die Schnitte in ungeheurem Tempo montiert. Dies etabliert die Hauptfigur der Tara auf kongeniale Weise, denn sie ist hin- und hergetrieben zwischen den Welten, in denen sie sich jeweils nicht zuhause fühlt. Erst als sich die Gelegenheit bietet, etwas an ihrer Situation zu ändern, wird der Rhythmus langsamer, die Kamera bleibt immer bei ihr. Durch diese große Nähe, die der Film aufbaut und die ihm etwas dokumentarisches anhaftet, wird Taras Figur vielschichtig und gleichzeitig zu einem Sinnbild für eine ganze Generation, die die Perspektivlosigkeit ihrer Heimat nicht mehr erträgt und die sich für ihr Leben etwas Besseres wünscht. Ein rauer und ehrlicher Film, der über die Konzentration auf seine Protagonistin eine starke Geschichte über das Hier und Jetzt in der Gesellschaft erzählt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama; Kurzfilm
Regie:Pol Ponsarnau
Darsteller:Karin Vankova
Drehbuch:Regina Dietl
Kamera:Phillip Kaminiak
Schnitt:Pol Ponsarnau
Länge:19 Minuten
Produktion: ZLA Films Anna Benner
FSK:12
Förderer:BKM; KJDF

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Eine katalanische Hafenstadt, ein paar Jugendliche, die die Nächte mit Drogen und Partys verbringen und Tara, eine junge Frau, die nach dem Feiern auch noch auf dem kleinen Fischerboot ihres Vaters arbeitet. Der 20minütige Kurzfilm TARA AND THE BLUE erzählt eine Geschichte über die ziemlich ausweglose Situation jugendlicher Spanier aus der Unterklasse.

Das Motiv ist definitiv nicht neu und daher tritt der Film in sicherlich große Fußstapfen, muss er sich doch auch mit diversen Vorgängern messen.

TARA AND THE BLUE, so zeigte sich gleich zu Beginn der Diskussion, evozierte recht unterschiedliche Meinungen innerhalb der Jury. Während er für einen Teil wie der Pitch oder vielleicht auch nur die Übung zu einem Langfilm wirkte, funktionierte er für den anderen ausgesprochen gut als Kurzfilm.

Ähnlich kontrovers hat die Jury über den Schnitt diskutiert. So willkürlich bzw. unorthodox die Schnitte besonders zu Beginn gesetzt sind, wirkten sie auf einen Teil der Jury wenig professionell, während sie für den anderen Teil die raue, bisweilen brutale Bildsprache unterstützen, die die Zerrissenheit und das Scheitern an der Realität des Alltags widerspiegelt. Eine genauso eindeutige, wie endgültige Antwort hierzu hat die Jury in der durchaus intensiven Diskussion allerdings nicht finden können.

Bei einigen Sequenzen hätte sich die Jury durchaus mehr Variationen gewünscht. So wirkte das Stiefel ausziehen im Fischerboot auf sie zu beliebig, als dass von der monotonen Wiederholung eine Wirkung ausgehen könnte.

Sehr gut gefallen haben der Jury dagegen das Setting, etliche Motive und immer wieder auch das Color Grading, das die Jury bisweilen, und durchaus passend, an die Ästhetik von Videoclips erinnert hat. Überhaupt ist die filmhandwerkliche Umsetzung der Geschichte absolut gelungen.

TARA AND THE BLUE gelingt es nach Ansicht der Jury exzellent, die Verzweiflung aller Beteiligten für die Zuschauer*innen zu vermitteln. Der Film zeigt eindrücklich, dass es keinen passenden Ort für die Protagonistin gibt, keinen Platz an den sie gehört. Sie will einfach nur weg und so versteht die Jury das offene und plötzliche Ende auch als Ausdruck ihrer alles bestimmenden Perspektivlosigkeit.

Deutlich erkennbar ist für die Jury der Gender-Aspekt. So führen Jurymitglieder auch Untersuchungen an, die belegen dass Männer eher dazu neigen Probleme auszusitzen und dadurch leicht in die Kriminalität abrutschen, wohingegen Frauen tatsächlich häufiger Situationen dadurch aufbrechen indem sie untragbare Konstellation verlassen. Dass der Film über solche Aspekte reflektieren lässt und mit seiner Hauptfigur aktuelle und hochrelevante Konflikte verhandelt, ist eine absolute Stärke. Und so zeichnet die FBW-Jury den Film gerne mit dem höchsten Prädikat „besonders wertvoll“ aus.