Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Unsere Bilderwelten sind heillos durcheinandergeraten. Die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit existieren nicht mehr und einst viel geliebte Comicfiguren treffen auf Medien-Ikonen unserer Tage. Da setzt sich Schneewittchen einen Schuss mit einer Drogenspritze, Spongebob, Daisy Duck und Obelix sind in einer apokalyptischen Trümmerlandschaft gestrandet und der Kopf von Papst Benedikt predigt auf dem Körper von einem Seehund aus einem Zeichentrickfilm. In fünf animierten Panoramen arrangiert Ulu Braun diese Figuren, die Teil des kollektiven Gedächtnis sind, aber hier radikal aus ihren ursprünglichen Kontexten gerissen werden. Der Film schillert in seiner Mehrdeutigkeit, denn alle Motive, Farben und Symbole sind mindestens doppelt kodiert. Was kann es bedeuten, wenn ein Rehkitz auf einer Fußmatte mit der Aufschrift „Free Assange“ erschossen wird? Durch solche originellen Verknüpfungen zwingt der Film geradezu dazu, die vertrauten medialen Figuren in einem anderen Licht zu sehen und die dazugehörigen Klischees zu hinterfragen. Aber man kann den Film auch als ein animiertes Wimmelbild genießen, das die Schaulust befriedigt, denn Braun hat ihn sowohl auf der Bild- wie auch auf der Tonebene so mit Figuren, Motiven, Bezügen und Symbolen vollgestopft, dass es ständig und überall etwas zu entdecken gibt. ST. MICKEYLAND ist ein Experimentalfilm mit hohem Unterhaltungswert und einem ganz eigenen subversiven Humor.