Jury-Begründung
Prädikat wertvoll
Während im experimentellen Kurzfilm SCHNEESTAUB von Betina Kuntzsch eine Stimme im Off das Gedicht „Muster, geloppt“ von Kathrin Schmidt rezitiert, tauchen die gesprochenen Worte auch auf der Leinwand auf. Für die Jury wäre ohne diese grafische Dopplung das komplexe Gedicht wohl nur schwer zu verstehen gewesen. Womöglich hätte man sich dann zu sehr auf die Tonspur und kaum noch auf die Bildebene konzentrieren können. So war diese Lösung sicherlich ein notwendiger Kompromiss, aber da Betina Kuntzsch hier einen experimentellen Kurzfilm gestaltet hat, wirken die synchron zum gesprochenen Wort auf der Leinwand auftauchenden Worte auf die Jury sehr klassisch und konventionell. Als Hintergrund zu diesen Sätzen zeigt Kuntzsch Sequenzen von fallendem Schnee, der sich später in Staub verwandelt. Der Staub, der entsteht, wenn Filmmaterial abnutzt. Denn der Film erzählt auch vom Tod des Films an sich anhand von gefundenen bewegten Bildern einer Laterna Magica aus der Zeit um 1900. Auf diesen kurzen Sequenzen sind Winterlandschaften zu sehen, in denen Menschen Ski und Schlitten fahren, oder als Mitglieder einer Expedition zum Nordpol mit dem Gewehr einen Eisbären erlegen. Das Geräusch des Schusses wie auch andere Töne wie das Schwirren von Vögeln und Knarren eines Schiffes wurden mit dem gefundenen Filmmaterial und der Laterna Magica erzeugt. Immer mehr zersetzen sich die einzelnen Bilder im Projektor, bis nur noch zerfetzte Reste und eben Staub übrig bleiben. Auf dieser Ebene überzeugt der Film die Jury, während sie den Versuch, dem Gedicht mit filmischen Mitteln gerecht zu werden, nicht für gänzlich gelungen hält. Die Jury zeichnet SCHNEESTAUB mit dem Prädikat „wertvoll“ aus.