Reality 2.0
FBW-Pressetext
Welchen Blick wirft man auf seine Heimat, wenn man selbst in der Fremde lebt? Diese Frage stellte sich der Filmemacher Victor Orozco Ramirez und gibt mit seinem 11minütigen Kurzfilm eine gelungene Antwort. Sein Heimatland Mexiko leidet seit langem unter der Gewalt der Drogen- und Verbrecherkartelle, unter der Willkür des Geldes und der Korruption. Viel von dieser Gewalt transportiert sich mittlerweile medial. Durch You-Tube-Videos, durch Fernsehberichte, durch Songs und Filme. Ramirez verwendet diesen medialen Material-Mix, verfremdet und bearbeitet ihn zeichnerisch. So werden die Bilder zwar bearbeitet, doch ihre Wirkung und ihre Botschaft bleiben bestehen. Die Fakten vermittelt der Film nebenbei, es geht ihm mehr darum, Bewusstsein für die jetzige Situation zu schaffen. Ohne erhobenen Zeigefinger, doch mit der Melancholie und der traurigen Wut eines Menschen, der aus der Fremde auf seine geliebte Heimat blickt. Eindrucksvolle Kurzfilmkunst.Filminfos
Gattung: | Animationsfilm; Dokumentarfilm; Kurzfilm |
---|---|
Regie: | Victor Orozco Ramirez |
Drehbuch: | Victor Orozco Ramirez |
Schnitt: | Victor Orozco Ramirez |
Länge: | 11 Minuten |
Produktion: | Victor Orozco Ramirez |
Förderer: | FFHSH; Hochschule für bildende Künste, Hamburg |
Jury-Begründung
Was nimmt ein Mensch wahr, wenn er in ein fremdes Land kommt und wie blickt er auf seine Heimat? Das sind die Fragen, die REALITY 2.0 stellt. Der Film tut dies mit einer künstlerisch überzeugenden Handschrift. Der unterlegte Text besitzt eine besondere persönliche Ausdrucksform und ergänzt die Bilder, überlagert oder dominiert sie jedoch nicht. Vielmehr werden die, künstlerisch in unterschiedlichen Techniken hergestellten, Bilder durch den Text verstärkt und treffend ergänzt. Der Erzähler blickt mit Schmerz und Trauer auf seine Heimat, die er doch liebt. Er erkennt dramatisch die Unterschiede zwischen seinem Gastland und seinem eigenen Land, ohne diese aber verändern zu können.Die Stilmittel, die diese Wirkung erzeugen, funktionieren auf mehreren Ebenen und beeindrucken durch ihre Stringenz.
Der Film wirkt in vielfacher Weise: verzweifelt, hoffnungslos, schmerzlich betroffen, absurd, surreal, aber auch poetisch. Die Wahrnehmung von außen ermöglicht es, das alles zuzulassen, ein wehmütiger Abgesang auf die Heimat, doch gleichzeitig spürt der Zuschauer die Einsamkeit und Sehnsucht des Fremden. So ist REALITY 2.0 ein Zeugnis für Fremdheit, aber ebenso für Sehnsucht und Zugehörigkeit. Den Schrecken im Vertrauten zu zeigen und anzunehmen, gelingt herausragend mit den gewählten Mitteln der Lakonie und Verfremdung.