Pygmalion

Filmplakat: Pygmalion

FBW-Pressetext

Harald ist glücklich. Seine Tochter heiratet und er wird sie zum Altar führen. Das wird ein wunderschöner Tag. Für die Tochter, für Harald und natürlich auch für Haralds Frau Marianne. Mit Marianne redet Harald bei jeder Gelegenheit. Er frühstückt mit ihr, sitzt mit ihr im Garten, tanzt mit ihr. Doch Marianne ist seit geraumer Zeit verstorben. Und an ihre Stelle ist eine Schaufensterpuppe getreten. Harald ist das egal. Denn in seiner Vorstellung lebt Marianne noch. Bis eines Tages etwas Schreckliches geschieht. Allein die Besetzung in Andre Hovens Kurzspielfilm PYGMALION ist bemerkenswert. Denn der große Mario Adorf spielt Harald auf so eindringliche und doch sensible Weise, dass seine Figur jeden Betrachter rührt und bezaubert. Als Harald verkörpert Adorf eine fast kindliche Unschuld, die sich in einer unerschütterlichen Liebe zu seiner Frau manifestiert. Den Rahmen für die Geschichte bildet ein sorgfältig ausgewähltes und liebevoll gestaltetes Setting und die berührende Geschichte erhält in Hildegard Knefs Klassiker „Für mich soll‘s rote Rosen regnen“ eine stimmungsvolle Untermalung. Ein berührender Kurzfilm über eine große Liebe, die über den Tod hinausgeht.
Prädikat besonders wertvoll

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

In Ovids Sage „Pygmalion“ verliebt sich ein Bildhauer in eine von ihm geschaffene Statue. In Andre Hovens gleichnamigen Kurzfilm hat der Protagonist Harald seine geliebte Ehefrau verloren, und er ersetzt sie durch eine Schaufensterpuppe, um so ihren Tod und seine Schuld daran zu verdrängen. Er frühstückt mit ihr, geht mit ihr einkaufen, besucht mit ihr Freunde und die gemeinsame Tochter, die diese ungewöhnliche Art der Trauer ihres Vaters nicht ertragen kann. Hovens gelingt es, in einer knappen halben Stunde diese Geschichte zugleich berührend und mit philosophischem Tiefgang zu erzählen, indem er jeweils Schlüsselszenen inszeniert, durch die einerseits deutlich wird, wie extrem Harald in seiner Fantasie lebt, und zum anderen, wie seine Umwelt auf ihn reagiert. Da gibt es den Ladeninhaber, der sich hinter Haralds Rücken über ihn mokiert, aber ihn toleriert, solange der Kunde zahlt. Da sind die guten Freunde, die mitspielen und so tun, als ob Harald sie wirklich mit seiner lebendigen Frau besucht, und da ist seine Tochter, die selber den Tod ihre Mutter betrauert und dessen Verleugnung durch den Vater nicht akzeptieren kann. Hovens gelingt es, die Absurdität der Situationen intensiv deutlich zu machen, indem er ganz naturalistisch inszeniert. Überhöht werden nur einige Szenen, in denen wir Harald alleine mit der Puppe sehen, und hier wird sehr geschickt als „ein Lied aus alten Zeiten“ ein Schlager von Hildegard Knef eingesetzt (dank der guten Ausstattung als Schallplatte auf einem alten Plattenspieler abgespielt). Den Film trägt Mario Adorf in einer wunderschönen Altersrolle, in der er noch einmal zeigen kann, dass er einer der besten deutschen Charakterschauspieler ist. Sein liebevoller, aber immer auch ein wenig zu intensiver Blick auf die Puppe, sein Unverständnis der Aggression seiner Tochter gegenüber und schließlich seine untröstliche Verzweiflung, als seine Fantasie buchstäblich in den Mülleimer geworfen wird – das ist grandios gespielt. Alleine schon, weil es Andre Hoven gelungen ist, Mario Adorf solch eine Rolle auf den Leib zu schreiben, hat sein Film das Prädikat „besonders wertvoll“ verdient.