Proll!

FBW-Pressetext

Es gibt gut bezahlte Jobs, richtig gut bezahlte Jobs – und Jobs, deren Gehalt nicht einmal dafür reicht, den Lebensunterhalt gut zu bestreiten. Cornelia, Juri und Murat haben solche Jobs. Ob als Klick-Arbeiterin im Internet, Lieferdienstleister oder als Arbeiter in einer Kartonfabrik. Alle drei sind als „Working Poor“ unzufrieden, alle drei wissen, dass sie nicht zu den Gewinnern in der Gesellschaft gehören. Und doch machen sie weiter. Denn manchmal ist das Leben einfach so, wie es ist. Es ist eine Welt der Ungerechtigkeiten, die Regisseur Adrian Figueroa und seine Drehbuchautorin Maike Wetzel in PROLL! beschreiben. Doch sie tun dies nicht mit dramatisch überzeichneten Handlungen oder Dialogen. Ganz reduziert in Sprache und Dramaturgie beobachtet der Film und lässt sich dabei Zeit, die Momente für sich stehen zu lassen. Ein dahinschleichendes Online-Date, eine erzwungene Pinkelpause im Wagen aufgrund fehlender Alternativen und eine eher halbgar geführte Diskussionen zwischen zwei Kollegen, dass sich doch endlich mal was ändern muss. PROLL! zeigt die Realität unserer Gesellschaft, ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit einem guten Blick für authentische Stimmungen, auch dank einer exzellenten Bildgestaltung, die die Protagonist*innen immer nah im Blick hat und so ihre Ausweglosigkeit sicht- und spürbar macht. Und wenn am Schluss ein offenes Ende eine Konfrontation andeutet, dann ist dies ein eindrucksvoller Schlusspunkt einer Geschichte, die noch lange nachhallt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama; Kurzfilm
Regie:Adrian Figueroa
Darsteller:Roman Kanonik; Erol Afsin; Kara Schröder; Gabi Herz; Volkan Türeli; Rana Farahani; Sascha Göpel
Drehbuch:Maike Wetzel
Kamera:Jakob Reinhardt
Schnitt:Adrian Figueroa
Musik:Miguel Toro
Webseite:;
Länge:30 Minuten
Produktion: Adrian Figueroa

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Drei Menschen, alle in eher prekären Beschäftigungsverhältnissen im sogenannten Niedriglohnsektor tätig, die auf den ersten Blick wenig bis nichts miteinander verbindet, sind die Protagonist*innen in Adrian Figueroas provokant betitelten Film PROLL!. Was sie eint, ist die Unsicherheit ihres Daseins, die Existenzangst und der alltägliche Kampf ums Überleben.

Da ist zum einen Cornelia, die als Click-Arbeiterin in ihrem dunklen WG-Zimmer Online-Verkaufsbewertungen vornimmt und zunehmend resigniert. Außerdem der Paket-Zusteller Juri, der für seinen Job dringend einen geeigneten Transporter benötigt und von einem Autoverkäufer über den Tisch gezogen wird. Und zuletzt ist da noch Murat, der 15 Jahre lang zuverlässig in einer Kartonagenfabrik geschuftet hat, um dann von einem Tag auf den anderen wegen der Insolvenz seiner Firma vor den Trümmern seiner Existenz zu stehen.

Immer wieder kreuzen sich die Szenen, mit denen Adrian Figueroa von seinen Protagonist*innen erzählt, ohne dass sich deren Lebenswege tatsächlich überschnitten. Das Verbindende findet vielmehr auf der Bildebene und durch die Ähnlichkeit der Lebensumstände statt – dadurch eben, dass andere sie wohl als „Prolls“ bezeichnen würden. Eine weitere Verbindungslinie besteht darin, dass die drei sozusagen alle an verschiedenen Punkten der Lieferkette stehen: Cornelia sorgt dafür, dass der Online-Handel läuft, Murat sorgt für die Verpackung der bestellten Ware, die Juri dann wiederum ausliefert. Und weil Cornelia immer wieder Pakete für die Nachbarn annimmt, schließt sich der Kreis(lauf) des Konsums und der damit verbundenen Dienstleistungen.

PROLL! ist zweifelsohne ein Film, der dieses gemeinsame, das Verbindende seinem Publikum nicht allzu offensichtlich präsentiert. Vielmehr appelliert der Film an seine Zuschauer*innen, genau hinzuschauen und sich eigene Gedanken zu machen, was die Menschen, an deren Schicksal sie gerade teilnehmen, aneinanderkettet, was sie verbindet und wohin ihr Weg wohl führen wird. Und genau dies gelingt auf erstaunlich kurzweilige und zugleich berührende Art und Weise.

Als überaus passend empfand die Jury auch die Wahl des 4:3-Formats, das die bedrückende Enge der Lebensverhältnisse und -umstände kongenial einfängt.