POST MORTEM berlin

Filmplakat: POST MORTEM berlin

FBW-Pressetext

Nach dem Abschied von einem geliebten Menschen, wo die eigene Wahrnehmung ihre Grenzen kennt, beginnt die letzte Choreografie im Diesseits. Innerhalb eines uniformen, stark automatisierten Krematoriums irgendwo in Berlin reihen sich Särge in einem technisch und hygienisch perfektionierten Reigen auf ihrem Pfad zur Einäscherung. Der Filmemacher Anton von Heiseler nimmt mit seiner Kamera die Perspektive eines Verstorbenen ein und zeigt in einer plastischen Überwachsungskameraoptik, wie ein mit Emotionen aufgeladenes Lebensende von industrialisierten Rhythmen konterkariert wird. Die nüchterne Kameraarbeit und perfekt abgestimmte Montage lassen ein Entdecken der Situationen zu und finden selbst in der automatisierten Architektur eines hochmodernen Krematoriums erhabene Momente. Schlussendlich bleibt nichts weiter als ein Barcode zurück, um einen Menschen, der einst existierte, zu identifizieren. Die letzte Reise eines Körpers erscheint vor dem Mysterium des Todes so gleichzeitig erschütternd wie tröstend. Ein beeindruckender Kurzdokumentarfilm.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Anton von Heiseler
Drehbuch:Anton von Heiseler
Kamera:Anastasia Gavrilova
Schnitt:Merit Giesen
Webseite:antonvonheiseler.com;
Länge:26 Minuten
Verleih:Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf
Produktion: Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
Förderer:Filmuniversität Babelsberg

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Karge Betonarchitektur, lange Gänge, große Lagerhallen. Das Gebäude, in dem wir uns befinden, hat enorme Ausmaße – und es ist fast vollständig automatisiert. Nur wenige Menschen sind hier tätig. Sie nehmen gezielte Handgriffe vor, bedienen Maschinen, säubern Gerätschaften, üben Kontrollfunktionen aus. Alle weiteren Vorgänge sind computergesteuert. Roboter bewegen Särge, heben sie in Regale, holen sie wieder hervor, schieben sie in Öfen. Von der Anlieferung des Sarges bis zum Befüllen der Aschekapsel folgen die technisch und hygienisch perfektionierten Abläufe in einem Berliner Krematorium einer exakten Choreografie. Jenseits der emotionalen Trauerfeier zeigt der Film die letzte Reise eines menschlichen Körpers als industrielles Ritual, dem dennoch eine Würde innewohnt.
Der Film erklärt nicht, sondern dokumentiert mit großer Nüchternheit und Präzision das Geschehen im Krematorium in seiner chronologischen Abfolge. Dabei enthält er sich jeglichen Kommentars und gibt lediglich die Geräusche des Betriebsablaufs wieder. Auch die Menschen, die hier tätig sind, sind quasi Teil der Maschinerie und versehen ihre Arbeit in stiller, routinierter Konzentration. Die Kamera bleibt meist in statischer Beobachtungsposition, wird zwischenzeitlich auf dem Sarg postiert, um die Reise der verstorbenen Person eine Weile zu begleiten. Die Szenerie ist sehr gut ausgeleuchtet, die Montage folgt dem Fortgang der Kremation und gibt ihr einen ruhigen Rhythmus. Kurz bevor der Sarg in den Ofen geschoben wird, fängt die Kamera besondere Lichteffekte ein, die eine erhabene, fast außerirdische Wirkung erzeugen. Am Ende gibt nur noch ein Barcode Auskunft über den verstorbenen Menschen.
Der Film führt uns an einen Ort, der uns normalerweise verschlossen bleibt und dessen Existenz wir im Alltag weitgehend verdrängen. Er zeigt uns ohne Sentimentalität die hochtechnisierten Abläufe, hinter denen der einzelne Mensch und die Trauer um ihn verschwinden. Aber durch die Art der Inszenierung, durch den exakt choreografierten Einsatz von Kamera und Montage gelingt es Regisseur und Autor Anton von Heiseler, diesem Prozess eine große Würde zu verleihen. So wird aus der Beseitigung eines menschlichen Körpers eine ergreifende Meditation über den Tod und das Leben.