Outside
FBW-Pressetext
Der Blick aus dem Fenster offenbart Schlimmes. Da ist eine Frau, die am Fenstersims hängt. Sie versteckt sich vor ihrem Mann. Als er weggeht, klettert sie in ihre Wohnung. Doch sicher fühlt sie sich in ihren eigenen Wänden schon lange nicht mehr. Sie hängt die Wäsche auf, macht die Hausarbeit. Doch jeder Schritt ist wie auf Eierschalen. Wenn sie einen Fehler macht, dann schlägt er sie. Und sie versteckt sich wieder. Eines Tages wird sie gehen. Doch wie soll sie gehen, wenn sich die Tür einfach nicht öffnen lässt? In ihrem neuen Animationskurzfilm erzählt die Filmkünstlerin Izabela Plucinska von einem schweren Thema, für das es viele Worte gibt. Aber können Worte wirklich das einfangen, was von häuslicher Gewalt betroffene Frauen wirklich empfinden? Plucinska setzt den Worten, von denen kein einziges in den fünf Minuten Lauflänge zu hören ist, mit Kohlestift animierte Bilder entgegen. Ob ein Daumenkino voller geschlossener Türen, ein schlaffer, erschöpfter Körper an der Wäscheleine, ein aufgemalter Lippenstift, der als Maske am Spiegel zurückbleibt, wenn das Gesicht verschwindet – es sind assoziative, starke Bilder, mit denen sich Plucinska tief einfühlt in die Psyche der Frauen, die im Inneren die Hölle erleben und den Weg nach Draußen als fast unüberbrückbares Hindernis sehen. Mit ihrer Erzählung wertet Plucinska nicht, sie empfindet lediglich nach. Dies zeigt, neben der großen künstlerischen Kraft, die die Bilder innehaben, eine äußerst sensible Herangehensweise, die gerade bei einem solchen Thema immens wichtig ist. Ein tief berührender und beeindruckender filmischer Beitrag.Filminfos
Gattung: | Animationsfilm; Kurzfilm |
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Regie: | Izabela Plucinska |
Drehbuch: | Izabela Plucinska |
Kamera: | Izabela Plucinska |
Schnitt: | Daniela Kinateder |
Musik: | Andrea Martignoni |
Länge: | 5 Minuten |
Produktion: | Izabela Plucinska |
Förderer: | FFA; MBB |
Jury-Begründung
Izabela Plucinskas mit der Technik der Kohleanimation gefertigter Kurzfilm OUTSIDE erzählt von einem Beziehungsdrama und von häuslicher Gewalt. Von Anfang an wird auf mehreren Ebenen spürbar, dass es sich nicht um eine romantische Beziehung handelt, die uns vorgeführt wird. Wir sehen eine Häuserfront an deren Fenster mehrere Frauen hängen und auf der Tonspur hören wir schon sehr früh pornografische Sound-Versatzstücke. Davon ausgehend bewegt sich der Film ins Innere einer dieser Wohnungen, wo die häusliche Gewalt stattfindet, die auch in allen anderen Wohnungen passieren kann.In der Perspektive einer betroffenen Frau wird geschickt mit konkreten und abstrakten Formen in der Darstellung insbesondere der Körper gespielt. Das Gefühl, im eigenen Zuhause eingesperrt und bedroht zu sein, wird wirkungsvoll mit erstaunlichen Bildideen und Bild-Übergängen erzeugt. Dabei wird die Frau nicht als Opfer, sondern in ihren Widerstandsoptionen gezeigt, wenn sie ihrem Peiniger die Hand abbeißt und danach, sie hat sich im Badezimmer verbarrikadiert, die Badewanne als magischen Fluchtort nutzt.
Für die Jury der FBW ist OUTSIDE in allen Belangen, sowohl erzählerisch als auch in seiner filmischen Gestaltung, ein kleines Meisterwerk von hoher formal-ästhetischer Qualität. In einstimmigem Votum vergibt die Jury für diese Leistung sehr gerne das höchste Prädikat BESONDERS WERTVOLL.