Opossum
FBW-Pressetext
Wir denken, es ist ja alles so einfach. Wir drücken einfach auf den Knopf, kurze Zeit später dampft der Kaffee, schäumt die Milch und alles ist lecker. Einfach so. Falsch gedacht. Denn was viele nicht wissen: Im Innern einer jeden vollautomatischen Kaffeemaschine leistet ein Opossum Großes. Es mahlt die Bohnen mit den Zähnen, schäumt die Milch mit seinen Krallen auf, bringt Wasser zum Kochen, und kümmert sich nebenbei noch um den Nachwuchs. Der dummerweise immer größer wird. Ungut in so einem beengten Raum. Die kleine feine Grundidee des geheimen Innenlebens von Alltagsgegenständen sorgt in diesem Animationskurzfilm von Paul Cichon für herrlich amüsante Momente. In bunten Farben und in klarer 2D-Animation zeigt der Student der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg den monotonen Ablauf einer simplen Handlung und deren Geheimnis hinter der Fassade. OPOSSUM ist ein Film mit Pfiff, Witz und der ein oder anderen Erkenntnis darüber, was wirklich dahintersteckt, wenn mal wieder was mit der Kaffeemaschine nicht stimmt. Vielleicht braucht das Opossum einfach mal eine Pause! Ein köstlicher Kurzfilmspaß!Filminfos
Gattung: | Animationsfilm; Kurzfilm |
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Regie: | Paul Cichon |
Drehbuch: | Paul Cichon |
Musik: | Marcel Walter |
Länge: | 4 Minuten |
Verleih: | interfilm Berlin Short Film Sales & Distribution |
Produktion: | Filmakademie Baden-Württemberg GmbH |
Jury-Begründung
Dass vollautomatische Kaffeemaschinen ein Eigenleben besitzen, darüber sind sich diverse Büro-Belegschaften schon lange Zeit einig. Doch meist reicht die Phantasie nicht durch das Gehäuse bis ins Innere des Gerätes. Dank Paul Cichons bestechend einfache und zugleich einfallsreiche „Studie“ wissen wir nun, dass ein ganzes Heer an Beutelratten in Miniformat für uns Dienst tun muss. Mit großer Geschäftigkeit kommt ein einzelnes Tier im Geräteinnern den zahlreichen Bestellungen nach, wovon der gemeine, eher alltagsmüde Büromensch nichts zu ahnen scheint.Es muss schnell gehen, Fehler oder allzu Menschliches - bzw. Tierisches - werden nicht verziehen. Das Leben in der Maschine bleibt im Verborgenen. Das Opossum kann (oder will?) nicht auf sich aufmerksam machen, der Benutzer weiß nichts von den Vorgängen darin, oder will es auch nicht wissen.
So sind die besonderen Vorkommnisse - sprich Funktionsstörungen der vermeintlichen Maschine - die einzigen Lebenszeichen des armen Opossums, die uns teilnahmslosen Benutzer vielleicht einen Moment lang stutzig werden lassen. Zum Beispiel, wenn das Gerät mal wieder ein unvorhergesehenes „Fußbad“ fabriziert hat. Und sogar, wenn sich im Innern unaufhaltsam das Leben Bahn bricht, ist für uns lediglich wieder mal nur die Sollbruchstelle des Herstellers in die Binsen gegangen. Repariert wird nicht. Eine neue Maschine muss dann her. Fortan sollte uns daher die Bezeichnung „Neue Geräte-Generation“ zu denken geben.
Inhaltlich und gestalterisch wurde das Sujet mit großer Begeisterung angegangen, welche sich erfolgreich auf den Zuschauer überträgt. Visuell fügt sich die zweidimensionale Animation mit ihrem vereinfachten Retrolook in die Simplizität der Vorgänge und der strikten Konsequenz von Ursache und Wirkung ein. Ein einfacher Spaß, der als solcher für sich bestehen kann. Zusätzlich präsentiert sich auf spielerische Weise jene Selbstverständlichkeit, mit der wir die (neuartigen) Dinge sehr bald nehmen, welche uns der technologische Fortschritt und der globale Austausch von Waren und Dienstleistungen „bescheren“. Wie und unter welchen Bedingungen das gute Stück einst entstanden ist, das da in der Küche Kaffee im Akkord hervorzaubert, dafür interessiert sich niemand. Das diensteifrige und titelgebende Tier in der austauschbaren Maschine ist kein in Europa vorkommendes. Womöglich kein Zufall.
In einer derart standardisierten Welt kommt man, ganz nebenbei betrachtet, auch ohne Sprache aus, Mensch wie Opossum. Alles kommt ganz unaufdringlich daher. Doch zumindest der Blick auf den Kaffeesatz der Vollautomaten dieser Welt wird nach Betrachten des Films ein anderer sein.
Dieses Ineinanderfügen von Stilistik, dem Geschehen in und um den Apparat, dem leisen Humor und dem, was die kleine Geschichte vielleicht noch zu erzählen vermag, hat die Jury ausnehmend positiv beeindruckt. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch der wohldosierte Einsatz von Sound und Musik. Die Tonebene steht im Zeichen des Rhythmus, sie passt sich der Mechanik der Maschine an und lässt uns auf subtile Weise das Rhythmische in der Mechanik (wieder) wahrnehmen.
Bleibt noch zu konstatieren: In der Kürze liegt die Würze. Diese Redensart hat sich der Film im besten Sinne zu Eigen gemacht. Bei Kaffeevollautomaten gibt es da eher Diskussionsbedarf.