Nacht Ueber Kepler 452b

Filmplakat: Nacht Ueber Kepler 452b

FBW-Pressetext

Nicht alle Menschen haben das Glück, sich nachts in ihre Wohnung oder ihr Haus zurückzuziehen, um ruhig schlafen zu können. Zu viele suchen ihren Frieden in den zugigien Ecken der Großstadt. Um solche Menschen kümmern sich Street Worker wie Artur und Matze. Der Kurzdokumentarfilm von Ben Voit, der an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF studiert, begleitet sie auf ihrem Weg durch die Nacht. Wie sie Menschen helfen, einen sicheren Schlafplatz, zumindest für den Moment, zu finden. Wie sie Anrufe entgegennehmen, um zu Notfällen zu eilen. Und wie sie in einer der knapp bemessenen Pausen einfach nur dastehen, wortlos, rauchend, abwartend, was die Nacht noch bringt. Das alles mit Bildern, die so viel erzählen, gerade durch das, was sie auslassen. Die Kamera von Konrad Waldmann hält nicht voyeuristisch auf die Menschen drauf. Im Bildfokus steht die Hand, die einem kranken Menschen aufhilft, oder das Gesicht von Matze, der den Obdachlosen zuhört, ihren Namen wissen will, ihnen Empathie und Respekt entgegenbringt. Immer wieder hört man Menschen, die erzählen, wie sie sich fühlen. Dass sie nicht schlafen können. Dass sie am liebsten nicht träumen wollen, weil die Träume nicht schön sind. Und dass sie nach all der Zeit draußen, das Drinnen als unnatürlich empfinden. Die Schnittbilder dazwischen sind oft verwaschen, wirken traumgleich und sind von einer fast surrealen Schönheit, wenn etwa das Blaulicht einen Baumstamm zum Leuchten bringt. NACHT UEBER KEPLER 452B ist ein empathischer Dokumentarfilm, der das von ihm porträtierte Sujet nie dramatisch überhöht und mit einer beeindruckenden Bildästhetik die Welt zeigt, wie sie ist. Ein großartiger und wichtiger Film.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Ben Voit
Drehbuch:Ben Voit
Kamera:Konrad Waldmann
Schnitt:Sianne Gevatter
Länge:14 Minuten
Produktion: Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
Förderer:Filmuniversität Babelsberg

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

In seinem Kurzdokumentarfilm NACHT ÜBER KEPLER 425B widmet sich Ben Voit auf ästhetische, zugespitzte und sehr gelungene Weise dem Leben auf der Straße und zeigt dies buchstäblich in einem ganz anderen und neuen Licht.

In kurzen Impressionen und immer wieder eingestreuten Statements seiner Protagonist*innen erzählt der Film von Kältebussen, dem Suff und den Drogen und der Erbarmungslosigkeit des Lebens in der Stadt ohne Obdach. Wir sehen Helfer, die sich bewusstloser Personen annehmen, die unermüdlich vor dem drohenden Erfrierungstod warnen, die Unterstützung anbieten, wo sie nur können. Manche Erfahrungen – etwa die allgegenwärtige Angst vor gewaltsamen Übergriffen, werden lediglich knapp thematisiert, aber nicht weiter vertieft. Dennoch entsteht so ein Einblick in ein Leben, das parallel zu unserem und oftmals unbeachtet sich neben uns vollzieht.

Und dazwischen kommen immer wieder die Betroffenen selbst zu Wort, in wunderschönen Porträtaufnahmen, die ihre Intimsphäre schützen, die sich für die Gesichter und die Geschichten dahinter interessieren und ihnen stets ihre Würde lassen. Auf diese Weise bekommen die Menschen, von denen der Film eindringlich erzählt Tiefe. Sie haben Träume und Wünsche und tragen einen Rucksack herum, der sonst nie sichtbar wird.

NACHT ÜBER KEPLER 425B ist ein Glücksfall, der vieles miteinander vereint, was sonst kaum je vereinbar erscheint: Er ist sozial engagiert und ästhetisch überaus ansprechend, er schaut genau hin, lässt andererseits den Menschen, von denen er erzählt, aber auch ihr Geheimnis und ihre Würde, zeigt ihre Schönheit und ihre Verletzlichkeit. Hört und schaut ihnen zu, ohne je voyeuristisch zu sein.

An einer Stelle sagt einer der Protagonisten, dass es für ihn schwierig sei, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden – und genau das spiegelt nach einhelliger Meinung der Jury genau die Bandbreite und das Spannungsverhältnis dieses Films wider.