Mitternachtskinder
FBW-Pressetext
Der 15. August 1947. Indien erlangt seine lang erkämpfte Unabhängigkeit vom britischen Empire. In dieser schicksalhaften Nacht erblickt Saleem in Bombay das Licht der Welt, zusammen mit einem anderen Jungen. Eine Krankenschwester vertauscht die beiden Babys und so führt Saleem von nun an ein Leben, das eigentlich für jemand anderen bestimmt war. Dazu kommen eigenartige Visionen, die Saleem von klein auf begleiten. Dank einer Gabe kann er in seinem Kopf alle „Mitternachtskinder“ vereinen, die mit ihm in dieser Nacht geboren wurden. Und jeder von ihnen ist etwas ganz besonderes. Salman Rushdie lieferte für diesen Film nicht nur die gefeierte literarische Vorlage, sondern schrieb auch das Drehbuch, welches von Regisseurin Deepa Mehta kunstvoll und ganz im Sinne des „magischen Realismus“ umgesetzt wurde. Über fünf Jahrzehnte begleitet der Film Saleem und die anderen Mitternachtskinder und erschafft dabei einen kunstvollen Bilderbogen der indischen Geschichte und Kultur. In prächtigen und wahrhaft „magisch“ schönen Kameraeinstellungen folgt Deepa Mehta den Hauptfiguren auf ihrer anhaltenden Suche nach Identität, Heimat und Zugehörigkeit. Am Ende wird Saleem die Chance bekommen, die Fehler der vorherigen Generation zu korrigieren. Seine Hoffnung steht für die Hoffnung eines ganzen Landes auf einen unabhängigen Neuanfang. Ein gelungenes Panorama der indischen Geschichte – politisch, persönlich, poetisch.Filminfos
Gattung: | Drama; Spielfilm |
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Regie: | Deepa Mehta |
Darsteller: | Satya Bhabha; Shahana Goswami; Rajat Kapoor; Shabana Azmi; Ronit Roy; Siddharth; Seema Biswas; Shriya Saran; Kulbhushan Kharbanda; Darsheel Safary; Anita Majumdar |
Drehbuch: | Deepa Mehta |
Buchvorlage: | Salman Rushdie |
Kamera: | Giles Nuttgens |
Schnitt: | Colin Monie |
Musik: | Nitin Sawhney |
Webseite: | ; |
Weblinks: | ; ; |
Länge: | 148 Minuten |
Kinostart: | 28.03.2013 |
VÖ-Datum: | 20.08.2013 |
Verleih: | Concorde |
Produktion: | David Hamilton Productions, Hamilton-Mehta Productions; Number 9 Films; |
FSK: | 12 |
BD EAN-Nummer: | 4010324039200 |
DVD EAN-Nummer: | 4010324200464 |
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Jury-Begründung
Einen über 600 Seiten umfassenden Roman zu verfilmen, der die Geschichte einer Familie und eines Landes über mehrere Generationen und einen Zeitraum von etwa siebzig Jahren hinweg erzählt, ist trotz einer Laufzeit von zweieinhalb Stunden ein schwieriges Unterfangen. Eine sinnvolle Auswahl der Ereignisse und Figuren muss getroffen werden. Wenn dann der Romanautor selber für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, besteht Grund zur Sorge, dass möglichst viel in den Film hineingepackt wird. Diese Herausforderung meistert die Verfilmung von Salman Rushdies erstem Romanerfolg „Mitternachtskinder“ weitestgehend. Sein Drehbuch und die Regiearbeit von Deepa Metha entwerfen ein bildgewaltiges Familienepos, das die wechselhafte Historie Indiens im 20. Jahrhundert mit der Geschichte einer Familie verquickt. Das schlimmste Schicksal ereilt den Protagonisten Saleem, der am Unabhängigkeitstag Indiens das Licht der Welt erblickt, um sofort mit einem anderen Baby vertauscht zu werden. So ist sein Leben von Geburt an eine Suche nach seiner Identität.In all den Irrungen und Wirrungen noch die Übersicht zu behalten, fällt mithin schwer, und im Bestreben, die Fülle an Metaphern und Erzählsträngen aus Rushdies Roman wenigstens einigermaßen in den Film zu integrieren, gerät der Film insgesamt allzu barock überfrachtet. Einige wichtige politische Ereignisse werden leider etwas zu beiläufig behandelt, um sie einem Publikum, das in der Geschichte Indiens nicht so firm ist, begreiflich machen zu können. Gut gelungen ist die Umsetzung des für den Roman typischen magischen Realismus, die Vermischung von Wirklichkeit und Traum, von Wahrheit und Mythos. Sehr reizvoll in Szene gesetzt sind auch ganz besonders die Treffen der Mitternachtskinder, all jener Menschen also, die am Unabhängigkeitstag das Licht der neuen Welt Indiens erblickten.
Das Prädikat für ihre hervorragende schauspielerische Leistung gebührt gewiss Seema Biswas, die in der Rolle der Mary auch den größten Konflikt auszuspielen hat. Denn schließlich ist sie es, die die beiden Kinder bei ihrer Geburt vertauscht und fortan mit dem schlechten Gewissen leben muss, Gott gespielt zu haben. Interessant ist zudem die Besetzung des erwachsenen Saleem mit dem Sohn Homi K. Bhabhas, der als einer der wichtigsten Vertreter der postkolonialen Theorie gilt. In diesem Kontext bietet der Film auch viele Interpretationsspielräume. Saleem ist zwischen mehreren kulturellen und nationalen Identitäten hin- und hergerissen. Eine ethnische Vielfalt ist auch in die Produktion des Films eingeschrieben, handelt es sich doch um eine kanadisch/US-amerikanische Produktion unter der Regie einer Regisseurin, die in Indien geboren wurde, aber schon lange in Kanada lebt.