Mickey 17

Kinostart: 06.03.25
2024
Filmplakat: Mickey 17

FBW-Pressetext

Der neue Film von Bong Joon Ho erzählt von einem jungen Mann, der sich als „Expendable“ auf einer Weltraummission begibt und dort nur eine sich ständig wiederholende Aufgabe hat: zu sterben. Scharfsinnig, bitterböse und fast schon prophetisch aktuell: MICKEY 17 ist ein großartiger, intelligenter Kinospaß!

Mickey hat im Jahr 2054 auf der Erde nun wirklich nichts mehr verloren. Auch für das ambitionierte Raumfahrtbesiedlungskommando eines größenwahnsinnigen Milliardärs scheint er aufgrund geringer Qualifikationen auch nur wenig beitragen zu können. Außer sich selbst. Und so bewirbt sich Mickey als „Expendable“, als menschliches Versuchsobjekt für alles, was im Weltall schiefgehen kann. Mickeys Aufgabe ist es, zu sterben. Immer wieder, jeden Tag. Um dann im 3D-Drucker „wiedergeboren“ zu werden. Doch etwas geht schief. Und Mickey existiert auf einmal nicht nur als 17. Version seiner selbst, sondern auch als Nummer 18. Als dann noch außerirdische Wesen auftauchen und der Milliardär völlig außer Kontrolle gerät, braucht es beide Mickeys, um die Mission Erde 2.0 noch irgendwie zu retten.

In seinem neuen Film, der auf dem Roman ‚Mickey 7‘ des Co-Drehbuchautors Edward Ashton basiert, verbindet Regisseur Bong Joon Ho verschiedene Genres und erzählt die Geschichte als unglaublich gelungene Melange aus Sci-Fi-Drama und beißender Gesellschaftssatire. Die Riege der Nebenfiguren ist herrlich bitterböse überzeichnet und gerade bei den von Mark Ruffalo und Toni Collette mit Hingabe gespielten Figuren des egozentrischen überreichen Ehepaars fällt es schwer, keine Bezüge zu aktuellen Figuren des politischen Weltgeschehens zu ziehen. Robert Pattinson spielt den leicht naiven Mickey, um den herum alle verrücktspielen, mit einer herrlichen Mischung aus trotteligem Charme und ehrlicher, gutmütiger Bodenhaftung. Die Themenspanne, die der Film behandelt, reicht von der ethischen Fragwürdigkeit des Klonens, der Auseinandersetzung mit Demagogie und Größenwahn bis hin zu der ganz einfachen Frage: Was macht uns zum Menschen? Und wie definiert man menschliches Verhalten? Die großartige Kameraarbeit von Darius Khondji und das kongeniale Set-Design erschaffen eine Kulisse, die sowohl die isolierte Kälte des Raumschiffs als auch die unglaubliche Weite des unerforschten Weltraums perfekt in die Handlung einbettet und greifbar macht. Und dass die Aliens, die an eine Mischung aus Kellerasseln und Bisons erinnern, sich am Ende menschlicher verhalten als die Vertreter der Spezies Homo Sapiens, das ist ein weiterer trockenhumoriger Seitenhieb auf aktuelle reale gesellschaftspolitische Geschehnisse. MICKEY 17 ist intelligentes Überwältigungskino, das in einer Welt von morgen spielt und dabei ganz viel von der echten Welt von heute erzählt.

Filminfos

Gattung:Science-Fiction; Spielfilm
Regie:Bong Joon Ho
Darsteller:Robert Pattinson; Naomi Ackie; Steven Yeun; Toni Collette; Mark Ruffalo; u.v.a.
Drehbuch:Bong Joon Ho; Edward Ashton
Kamera:Darius Khondji
Schnitt:Jinmo Yang
Musik:Jung Jae-il
Webseite:warnerbros.de;
Länge:137 Minuten
Kinostart:06.03.2025
Verleih:Warner
Produktion: Plan B Entertainment, Offscreen; Kate Street Picture Company;

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Nach seinem vielfach ausgezeichneten Kammerspiel PARASITE hat Bong Joon Ho mit einem Blockbuster-Scifi überrascht und dabei großes, intelligentes Überwältigungskino geliefert, ohne dabei auf die üblichen Überwältigungstricks wie übermäßige Action, zu suggestive Musik oder allzu klassische Handungen und Figuren zu setzen. Vielmehr ist MICKEY 17 ein erfrischend anderer Popcorn-Film.
Auch ein SciFi-Film ist inhaltlich nur von Relevanz, wenn sich seine Zukunftserzählung auch auf unsere Gegenwart bezieht. Und bedenkt man die langjährige Vorlaufzeit eines 150-Millionen-Dollarprojekts, dann hat der SciFi-Film sogar prophetische Aspekte, da er auch aktuellste politische Phänomene aufzeigt. Besonders gelungen fand die Jury dabei die Darstellung der Führungsfigur bei der Raummission zur Neubesiedelung eines Planeten, da diese Figur (dargestellt von Mark Ruffalo) eine charakterliche Kombination aus einer ‚Trump-haften‘ Person in Personaleinheit mit Elon Musk zu sein scheint und dabei noch Aspekte eines evangelikaler Erweckungspredigers enthält. So vereint sie Macht, Technik und religiösen Führerkult und Sektenaspekte– eine politisch hochbrisante und brandaktuelle Kombination. Dabei schreckt der Koreaner Bong Joon Ho auch nicht vor direkten Vergleichen mit dem Faschismus zurück (Züchtung einer reinen weißen Rasse) – und bringt auch die Themenbereiche Nationalsozialismus und Holocaust ins Spiel (Lebensborn- sowie Vergasungspläne für die tierischen, intelligenten Urbewohner des zu kolonialisierenden Planeten).
Der Film bringt all diese alarmierenden Aspekte aber nicht überplakativ in die Handlung ein, sondern schlüssig und organisch, sogar mit Tragikomik und Ironie. Hier vor allem verkörpert in der Lady-Macbeth-Figur der Missionspräsidentengattin (Toni Colette).
Ungewöhnlich lebendig erschien der Jury auch die gewagte Dramaturgie, die eben nicht nur viele Geschichtsverweise integriert, sondern eine elegant elliptische Volte einbaut, bei der der Film nach einer halben Stunde wieder am Ausgangspunkt landet, um von dort aus anderthalb Stunden weiter zu erzählen. Dabei ist die so eingebaute Vorgeschichte ein klassische Mafia-Thriller, bei dem die Hauptfigur der Ermordung durch eine Gruppe an Auftragskillern entfliehen will. Auch sind in der folgenden Grunderzählung der Abenteuer des Antihelden (Robert Pattinson als Mickey) extrem viele ethische Fragen eingebaut, ohne dass die Handlung darunter leiden würde: die Frage nach dem Klonen von Menschen (hier in Form eines organischen 3D-Druckers), nach Unsterblichkeit, die Frage nach Ästhetik und Sympathie, weil die intelligenten Urtierwesen auf dem neuen Planeten äußerlich abstoßende Riesenkellerasseln sind, aber innerlich die wesentlich ethischeren Wesen sind als der Mensch.
Allein diese inhaltlich wertvolle Fülle an wichtigen gesellschaftlichen und politischen Fragen hat die Jury begeistert. Dass diese dann noch in einer witzig, dynamischen, ungewöhnlichen Erzählform durchgespielt werden, macht MICKEY 17 besonders wertvoll.
Ein weiterer positiver Aspekt in Bezug auf die filmgestalterischen Gewerke zeigte sich für die Jury im Setting. Dieses wurde nicht etwa durch sterile futuristische Technizismen ‚entrückt‘, sondern durch ein fast altmodisches Setdesign, das beim Raumschiff eher an einen Öltanker erinnert, nah an unsere Gegenwart heranrückt.
Dies alles hat die Jury zu einem einstimmigen Votum für das Prädikat ‚besonders wertvoll‘ geführt.