Meine Wunderkammern

Kurzbeschreibung

Ein Film und eine VR-Experience aus Sicht von Kindern auf ihr Leben in unserem Land, auf uns Erwachsene, den Stand der Dinge, ihre Utopie – ungeschönt schön, idealistisch und radikal ehrlich. Ein Film für Kinder und Erwachsene.
Wachsende Kinderarmut, Debatten über soziale Gerechtigkeit, das Weltgeschehen aus den Fugen – was bedeutet Kindheit in unserer komplexen Welt, in unserer Gesellschaft? Macht das etwas mit dem Kindsein an sich? Dazu wollen wir mit Kindern einen Film entwickeln und uns überraschen lassen, von ihren Vorstellungen, Wünschen und Fragen.

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kinderfilm
Regie:Susanne Kim
Drehbuch:Susanne Kim
Kamera:Emma Rosa Simon
Schnitt:Marion Tuor
Musik:Cornelia F. Müller; Sylvia Totally
Jugend Filmjury:Lesen Sie auch, was die Jugend Filmjury zu diesem Film sagt...
Weblinks:kinderfilmwelt.de;
Länge:77 Minuten
Verleih:eksystent Filmverleih
Produktion: Neufilm GmbH Holm Taddiken
FSK:0
Förderer:BKM; DFFF; MDM; Kulturstiftung Sachsen; SLM

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Wenn Kindheit ein Ort ist, wo befindet er sich und was gibt es dort zu entdecken? In dem Film nehmen Kinder uns mit in ihre Welt und zeigen ihre Geheimnisse und Wünsche, aber auch ihre Ängste und bedrückenden Erfahrungen. Roja, die aus dem Iran geflüchtet ist und ihre Angst vor dem Wasser überwinden möchte. Elias, der in seiner eigenen Welt lebt und sich für alles interessiert, was mit Technik zu tun hat. Wisdom, dessen Großvater in Kamerun gegen einen Löwen gekämpft hat und der sich mit dem Floß auf eine weite Reise begeben möchte. Joline, die nie erwachsen werden will und Buchstaben am liebsten in blaue Käfer verwandeln möchte. Sie sind sehr unterschiedlich, aber sie haben in ihrem Alltag eines gemeinsam: Sie passen nicht so ganz in den Rahmen unserer Gesellschaft, sie ecken an, werden gemobbt, fühlen sich oft nicht zugehörig. Dafür gibt es Label: Migrationshintergrund, Autismus, Lernschwäche. Aber die Kinder zeigen uns, dass es viel mehr gibt, was sie ausmacht

Der Dokumentarfilm MEINE WUNDERKAMMERN ist Teil eines transmedialen Projekts, das zusammen mit Kindern entwickelt wurde und aus drei Hauptelementen besteht. Neben dem Film sind das eine VR-Experience und ein Bildungskonzept für Lehrende und Eltern. Auch der Film ist im Wechsel von Dokumentar- und Spielszenen in hybrider Form gestaltet und zusätzlich mit Animationselementen ausgeschmückt und mit vielen eigens komponierten Liedern untermalt. Die einzelnen Teile werden verbunden durch eine Rahmenhandlung, in der die Kinderreporterin Dorothea das mysteriöse Phänomen untersucht, dass immer mehr Kinder (unter Mitnahme ihrer Meerschweinchen) in ihre eigene Welt verschwinden. Insofern ist der Filmtitel zugleich Programm: wie in der historischen Wunderkammer werden die ganz unterschiedlichen Sammelstücke dem Publikum zusammen präsentiert.

Dieses Konzept macht es erwachsenen Zuschauenden zunächst schwer, dem Geschehen angemessen zu folgen. Man vermisst eine stringente Dramaturgie und ist irritiert, wenn der Film mitunter recht schnell und unvermittelt zwischen den einzelnen Charakteren und Themen hin und her springt, oder wenn nicht klar zu erkennen ist, ob es sich um reale Szenen oder inszenierte Elemente handelt. Wenn man sich allerdings auf die Erzählweise einlässt und die Kinder besser kennenlernt, stellt man fest, dass die einzelnen Themen in verschiedenen Ausprägungen wieder aufgegriffen werden. Vor allem wird man belohnt durch ergreifende Geschichten, phantasievolle Szenen und starke Kinderpersönlichkeiten, die die Zuschauenden einladen, sie durch ihre Vorstellungs- und Alltagswelt zu begleiten. Dabei setzen sie sich mit realen Problemen der Gesellschaft auseinander und erzählen zum Teil ergreifende Geschichten, wie es ist, wenn man in der Schule Probleme hat, weil die Buchstaben verschwimmen oder weil Deutsch nicht die eigene Muttersprache ist. Thematisiert werden Flucht und Rassismus, das Verhältnis zu den Geschwistern oder den getrennt lebenden Eltern und die Angst vor dem Erwachsenwerden. So skurril die Kommunikation zwischen Elias und seiner Sprachbox erscheint, so nachdenklich stimmt Jolines Bemerkung, sie wisse nicht, ob sie in einer Familie leben wolle, wenn sie älter sei. Wunderschöne Bilder findet der Film für Wisdoms Phantasie einer Reise mit dem Floß über den Ozean oder wenn er zeigt, wie Roja, die bei ihrer Flucht über das Mittelmeer nicht schwimmen konnte, wie eine Meerjungfrau durchs Wasser gleitet. Neben der visuellen Umsetzung der kindlichen Phantasien sind auch die mit den Kindern zusammen entwickelten und arrangierten Lieder dazu angetan, ihr Selbstbewusstsein zu stärken.

Besonders stark sind die Szenen, in denen die Kinder miteinander und mit anderen Kindern interagieren und sich über wichtige Probleme der Welt austauschen: Liebe und Krieg, rechts und links oder die Formation der Wolken. Beeindruckend sind Spontanität und Offenheit der Kinder, die davon zeugen, dass bei diesem Projekt sehr vertrauensvoll miteinander gearbeitet wurde. Jetzt ist man gespannt auf die VR-Experience und das dazu gehörende Bildungskonzept.