Meeting
FBW-Pressetext
Alles ist minutiös geplant und vorbereitet. Alles wird super laufen. Das wäre ja auch gelacht, wenn die Herren ihre Kundinnen nicht auch bei der virtuellen Konferenz in die Tasche stecken könnten. Immerhin sind alle Einstiegswitze geschrieben, die Hintergründe bestens ausgewählt und auch die Teilnehmer selbst haben sich so prepariert, dass sie stundenlang, ohne Unterbrechung, vorm Bildschirm ausharren können. Doch dann beginnt das Meeting. Und alles läuft so ganz anders als MANN sich das so vorgestellt hat. Regisseur und Autor Jannis Alexander Kiefer nennt seinen Kurzfilm MEETING selbst einen „Isolationskurzfilm“. Doch der 9-minütige Spaß ist noch viel mehr. Pointiert und mit genau dem richtigen Impro-Eindruck gelingt ein augenzwinkernder und ironischer Blick auf das, was so viele von uns im Jahr 2020 beschäftigt hat: Die Etikette der Videokonferenzen. Doch mit so einem entwaffnendem Humor und immer wieder überraschenden Ideen, die bis zum Schluss für jede Menge Schmunzler sorgen, hat das noch kaum einer geschafft. Wenn es einen Begleitfilm für die Bürosituation 2020 geben muss, dann bitte diesen hier.Filminfos
Gattung: | Kurzfilm |
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Regie: | Jannis Alexander Kiefer |
Darsteller: | Gisa Flake; Jürgen Heimüller; Gregor Knop; Gabriela Lindl |
Drehbuch: | Jannis Alexander Kiefer |
Kamera: | Jannis Alexander Kiefer |
Schnitt: | Jannis Alexander Kiefer |
Musik: | Anna Kühlein |
Länge: | 8 Minuten |
Produktion: | Jannis Alexander Kiefer |
Jury-Begründung
Es gibt wohl kaum einen Kurzfilm, der derart perfekt in die Zeit passt, in der er gedreht und gezeigt wurde wie MEETING von Jannis Alexander Kiefer, der mit sehr einfachen Mitteln und unter Einhaltung aller Hygienevorschriften vom (Arbeits-)Leben in einer Pandemie erzählt. Und davon, was all das mit uns macht.Eigentlich soll das anberaumte Meeting zu einer Projektbesprechung mehrere Stunden gehen. Alle Vorbereitungen sind getroffen, die beiden Herren – der junge, servile Adlatus und sein gestrenger Boss – haben das Vorgehen besprochen, der Einstiegsgag ist wohlüberlegt und sitzt wie eine Eins – ebenso wie die Urinflasche, die lästige Unterbrechungen verhindern soll. Und natürlich wähnen sich die beiden Herren der Schöpfung den Damen, die sie gleich treffen werden, haushoch überlegen. Welch fatale Fehleinschätzung, wie sich schnell zeigen wird. Denn dass die eine der beiden just jenen Einstiegsgag bringt, den ihr männliches Pendant vorbereitet hatte, ist noch die geringste jener Niederlagen der männlichen Superegos, die nun folgen werden.
Mit fixer Kamera, die den Screen eines Online-Meetings festhält, bleibt der Film die ganze Zeit in den Vorgaben der Narration und der technischen Gegebenheiten und fördert doch immer wieder Erstaunliches, Unvorhersehbares und überraschende Wendungen zutage, die aus ihm ein kurzweiliges und stets pointiertes Vergnügen machen, das überaus effizient mit seinen Mitteln und Beschränkungen umgeht.
Wie sorgfältig dieser Film gearbeitet ist, das fällt einem teilweise erst im Nachhinein auf: Klar verortet der Film in den Fenstern des Online-Meetings Hierarchien, die sich von links nach rechts aufbauen, die aber andererseits nicht nur bestehende, sondern auch behauptete Hierarchien aufgreifen und lustvoll durch den Wolf drehen. Dass die beiden Frauen durch ihre Positionierung den „Herren der Schöpfung“ untergeordnet sind, verdreht der Film nämlich sehr geschickt ins absolute Gegenteil, als die Männer regelrecht vorgeführt werden.
Herausragend ist aber nicht nur die Art und Weise der Inszenierung und die Treffsicherheit des Drehbuchs, sondern auch die Besetzung und die darstellerischen Leistungen, die den Film mit Witz und Leben erfüllen und aus ihm einen mehr als nur bemerkenswerten Beitrag zur Corona-Pandemie und darüber hinaus zu unserer schönen, neuen Arbeitswelt machen.