Lower Ambitions
FBW-Pressetext
„Sozial ist, was Arbeit schafft.“ Dieser Ausdruck stammt vom nationalsozialistischen Medienmogul Alfred Hugenberg und findet im Zuge der Agenda 2010 wieder Eingang in die deutsche Gesellschaft. Es sind die ausgehenden 1990er und in unzähligen Talkshows im deutschen Fernsehen wird der Arbeitslose zum Arbeitsscheuen und schließlich zum Asozialen degradiert. In einer beeindruckenden Montage von umfassendem Found Footage Material katapultiert Irem Schwarz den Zuschauer zurück in eine längst vergessene Fernsehepoche, die weitaus größere Auswirkungen gehabt zu haben schien, als es sich damals erahnen ließ. Das Timing der Montage ist hochpräzise, die Ausschnitte ergänzen sich, widersprechen sich, eröffnen neue Kontexte. Und das Verweben der Aussage Hugenbergs, den Schuldzuweisungen an Arbeitssuchende in den Talksshows und den Schnipseln politischer Bundestagsdebatten zur Agenda 2010 lässt diesen Kurzdokumentarfilm einen politischen Standpunkt einnehmen, der wagemutig und selten geworden ist.Filminfos
Gattung: | Dokumentarfilm; Kurzfilm |
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Regie: | Irem Schwarz |
Drehbuch: | Irem Schwarz |
Schnitt: | Irem Schwarz |
Länge: | 7 Minuten |
Produktion: | Irem Schwarz |
FSK: | 12 |
Jury-Begründung
„In 1932, media mogul and German nationalist Alfred Hugenberg coined the phrase: "Social means creating jobs". The lobby group INSM, founded in 2000, brought the slogan back into German politics in connection with the Agenda 2010 policy. But already at the end of the 1990s, the old bogeys of the "work-shy" and "asocial" were conspicuously repeated on private television. Did afternoon talk shows create the Agenda 2010 policy?“Diese sehr interessante Erläuterung bindet die Filmemacherin Irem Schwarz sehr geschickt in ihren Film LOWER AMBITIONS ein, der, ganz im Gegensatz zu seinem Titel, sich als hoch ambitionierter Found-Footage-Film LOWER AMBITIONS mit verschiedenen Sichtweisen zum Thema Arbeitslosigkeit befasst. Gänzlich kompiliert aus historischem Filmmaterial und Talk Show Clips aus dem Privatfernsehen wird ein Bogen geschlagen vom deutschnationalen Medienmogul und tatkräftigen Hitler-Unterstützer Alfred Hugenberg („Sozial ist, was Arbeit schafft.“) über die Agenda 2010 des Gerhard Schröder bis zum aktuellen CDU-Vorsitzenden („Achtung, wir müssen wieder an die Arbeit.“). Das Bild vom Arbeitslosen als arbeitsscheuem Drückberger wurde in trashigen Nachmittagsshows aggressiv ins Rampenlicht gestellt. Und die Frage steht tatsächlich im Raum: Hat das private Trash-Fernsehen eine Beitrag zur Agenda 2010 geliefert? So zumindest insinuiert es der Film.
Die Jury hob in ihrer Diskussion lobend hervor, dass in LOWER AMBITIONS ein hochgradig komplexes Phänomen wie Arbeitslosigkeit komprimiert und facettenreich mit absoluter Verve behandelt wird. In dem genauen dramaturgischen Aufbau, dem exakten Timing und dem perfekt gewählten Material passt in diesem Film alles zusammen. Die Jury ist sich einig, dass dieser Film einen Anlass für kontroverse Diskussion bieten soll und definitiv auch kann. Gerne zeichnet die Jury den Film mit dem Prädikat BESONDERS WERTVOLL aus.