Lifeboat

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Gewiss zählt dieser Hitchcock-Film nicht zu den Meisterwerken des berühmten Regisseurs, ist jedoch mit seiner Beschränkung auf den (theatergeschichtlich „uralten“) Topos des einen Raumes, nämlich das Rettungsboot, ein Kabinettstückchen. Und er stellt innerhalb der damals nicht gerade subtil gestalteten Anti-Nazi-Filme Hollywoods eine Ausnahme dar, weil Hitchcock offen lässt, ob der sehr differenziert gezeichnete deutsche Offizier als „typischer“ Deutscher, „typischer“ Nazi oder „typischer“ Pragmatiker zu verstehen ist.

Die pointierte Differenziertheit der einzelnen Gestalten, wie sie in späteren Filmen des Regisseurs sich (manchmal gar überspitzt) zeigt, fehlt bei diesem Film noch gelegentlich, doch ist er filmhistorisch reizvoll, weil derartige individuelle Eigenarten sich bereits andeuten und in einzelnen Figuren voll ausgespielt sind. Ähnliches gilt für die in späteren Hitchcock-Filmen weitaus ausführlicher und intensiver verwendeten Requisiten und die dramatisch gezielt verwendete Umwelt.

Die Rollen sind – wie immer bei Hitchcock – in ihrer Verschränkung von Typisierung und Individualität, aber auch ihrer sich erst im Laufe des Geschehens enthüllenden Mehrschichtigkeit hervorragend besetzt. Dabei fällt seine oft bewiesene Fähigkeit auf, unbekannteren Schauspieler einprägsame Rollen zu geben und bekannteren Schauspielern durch ungewöhnliche Rollencharakteristika neues Profil zu verleihen.

Und schließlich bleibt ein vorzügliches Drehbuch zu erwähnen, dessen Dialoge (Jo Swerling nach John Steinbeck) viel zu Charakterisierung der Person und Situation beitragen.