Lenny

Filmplakat: Lenny

FBW-Pressetext

Zwei junge Gesichter, zwei unterschiedliche Leben, die sich über die Weiten des Internets flüchtig begegnen. Es ist eine virtuelle Begegnung als Anton das Videotagebuch von Lenny mit ihren Gedanken und ihrer Gefühlswelt im Internet entdeckt. Eine Begegnung ohne eigentliches Kennenlernen, Intimität ohne Nähe. In diesem klar gezeichneten Kurzfilm, der sich zu Recht auf die Wirkung seiner authentisch wirkenden (Video-)Bilder verlässt, wird mit bedrückender Intensität deutlich, wie im vernetzten Raum des Internets Botschaften zu unbeantworteten „Selbstgesprächen“ werden, die beide Seiten doch einsam zurücklassen. Mit viel künstlerischer Finesse treffen so die Cyber-Wirklichkeit und die graue Realität aufeinander, spiegeln sich in den Augen der Teenager und hinterlassen beim Zuschauer einen nachdenklich stimmenden emotionalen Eindruck.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Kurzfilm
Gattung:Kurzfilm
Regie:Cyril Amon Schaublin
Darsteller:Anton Ambrosino; Lilith Stangenberg
Drehbuch:Cyril Amon Schaublin
Kamera:Mario Krause
Schnitt:Karsten Weissenfels; Cyril Amon Schaublin
Länge:16 Minuten
Verleih:DFFB
Produktion: Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin GmbH (DFFB), Niklas Hlawatsch, Bernadette Klausberger
Förderer:dffb

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Sehr behutsam führen eine ruhige Kamera und eine sehr sparsame Original-Ton-Ebene den Zuschauer in zwei parallel existierende Welten von zwei Teenagern. Bereits im Vorspann begegnet der Zuschauer dem jungen männlichen Protagonisten und schaut ihm dabei zu, wie er sich durchs Internet klickt und mal hier und dort verweilt. Die Kamera zeigt sein Porträt in Großaufnahme, wählt Ausschnitte und fokussiert abwechselnd aus nächster Nähe kindliche Augen mit langen Wimpern, aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Bildschirm gerichtet. Auf der Tonebene rauschen Klangfetzen aus einem Porno, einem Actionfilm oder einem Gewaltvideo vorbei, bis der Junge zufällig auf einem Web-Blog, der Website von Lenny, hängen bleibt. Hier findet er in Lenny ein wunderhübsches Mädchen, das Filmaufnahmen von ihren Lieblingstieren zeigt, über Religion spricht oder sich schüchtern, fern und nah zugleich, vor der Kamera auszieht, um eine Burka auszuprobieren, die sie bei e-bay erworben hat. Hier kann Anton menschliche Nähe herstellen – indem er mit der Zoomtaste Lenny ganz nah an sich heranholt.

Die grobkörnigen Bilder wirken sehr zart und lassen dem Betrachter Zeit, sich mit Anton vertraut zu machen. Diese Intimität verliert sich wieder, wenn Anton seine Cyberworld verlässt. Wie verloren, nämlich stark verkleinert, bewegt er sich auf seinem Weg durch die anonyme Stadt. Aus der Vogelperspektive und aus weiter Ferne richtet die Kamera ihren Blick auf die Geometrie der Straßen und Plätze, in der Anton zu verschwinden scheint, in einzelnen Standbildern verweilt der Kamerablick auf Menschengruppen, die einen Zebrastreifen überqueren, er nimmt Häuserfassaden, Straßenverläufe und Rolltreppen ins Visier, vor denen der Junge wie zufällig immer wieder auftaucht.

In ausgeklügelt komponierten Bildern beinahe monochromen Graus wird die Verlorenheit und Einsamkeit des zuweilen allein mit sich selbst Fußball spielenden Teenagers in der Realität sichtbar. Ebenso zeigen die Videobilder von Lenny ein Mädchen, das sich der Welt zwar erheblich kommunikativer offenbart, allerdings ohne auf ihre Kommunikationsangebote jemals eine Antwort zu bekommen.

LENNY ist eine eindringliche, in ihren minimalistischen Mitteln formal bestechende Studie jugendlicher Isolierung und zweier Versuche, ihr mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel zu entkommen.

Die Jury entschied sich einstimmig für das Prädikat besonders wertvoll.