Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Es war der geliebte Onkel, dessen Leben einen geheimnisvollen dunklen Fleck hatte. Willi Heckmann war Unterhaltungsmusiker – ein Stimmungsmacher, der in Bars und bei Feiern auftrat und leicht obszöne Lieder zum Besten gab. Aber über vieles in seinem Leben wurde in der Familie einfach nicht geredet, bis ein paar unabsichtlich herausgerutschte Sätze seinen Neffen Klaus Stanjek neugierig machten. So begab dieser sich auf Spurensuche und fand heraus, dass sein Onkel acht Jahres seines Lebens im KZ verbracht hatte. Als Homosexueller war er in Dachau und Mauthausen eingesperrt. Angeblich soll er ein Verhältnis zu einem Hitlerjungen gehabt haben, aber darüber gibt es nur Gerüchte und keine Belege. Stanjek hat eine Dokumentation über seinen Onkel gemacht. Erst viele Jahre nach dessen Tod, denn Willi Heckmann wollte nicht, dass seine Geschichte zu seinen Lebzeiten erzählt wird. Denn er wollte all das lieber verschweigen. Auch davon erzählt Klaus Stanjek nun in diesem sehr persönlichen Film, in dem er in der Ichform seine Recherchen beschreibt und ihre Ergebnisse vorstellt. Er nennt KLÄNGE DES VERSCHWEIGENS einen „detektivischen Musikfilm“, weil darin viele Musikaufnahmen seines Onkels und andere Stücke aus seiner Zeit und seinem Milieu gespielt werden. Diese heute etwas antiquiert und mit ihren harmlos anzüglichen Texten recht verklemmt wirkenden Lieder lassen in ihrer bemühten Harmlosigkeit frösteln, wenn mehr über das Schicksal des Sängers erfährt. Stanjek hat einige offene Gespräche mit seinem Onkel über dessen Vergangenheit geführt, und von diesen berichtet er auch, aber ansonsten basiert der Film vor allem auf sekundären Quellen. So hat er Zeitzeugen befragt, die seinen Onkel noch gekannt haben. Darunter auch seine Mutter in einem Interview, bei dem man merkt, welche Überwindung es sowohl der Befragten wie auch dem Fragenden abverlangte. Stanjek hat Überlebende des KZ Mauthausen gefragt, ob sie sich an seinen Onkel erinnern, und dabei erstaunlich weise und unverbitterte Antworten bekommen. Er arbeitet viel mit Fotos und Dokumenten, die er nach intensiven Recherchen gefunden hat. So war sein Fundus an Bildern und Filmaufnahmen eher begrenzt, aber aus dieser Not hat er eine Tugend gemacht, indem er viele der Fotos animiert hat. Dies ist besonders effektiv bei einem Bild aus dem KZ mit einer Gefangenenkapelle, auf dem Stanjek seinen Onkel mit glattrasiertem Haar, einem starren Gesichtsausdruck und toten Augen entdeckte. Im KZ gehörte Willi Heckmann zu den Musikern des Lagers, die vor allem für die SS spielen mussten. Wahrscheinlich hat er nur deshalb überlebt, denn die Arbeit war nicht so schwer wie bei den anderen Lagerinsassen und es gab auch mehr zu essen. Wie sein Onkel diese schreckliche Zeit verarbeitet hat und welche inneren und äußeren Narben sie bei ihm hinterließen, konnte Klaus Stanjek nicht mehr herausfinden, und auch sonst bleibt vieles im Dunkeln. Aber das macht seinen Film nur umso berührender und gewichtiger. Denn so wird klar, wie nah diese Lebensgeschichte daran war, zusammen mit der Musik von Willi Heckmann vergessen zu werden.