Kalte Heimat - Leben im nördlichen Ostpreußen

Filmplakat: Kalte Heimat - Leben im nördlichen Ostpreußen

Jurybegründung

Die "kalte Heimat", wie Ostpreußen von seinen Bewohnern früher mit kristisch-liebevollem Abstand genannt wude, ist nicht mehr so kalt wie einst und nicht mehr so abweisend, wie viele ihrer meist neu eingewanderten Bewohner meinen. Sie haben sich zusammengerauft, aus vielen Völkern und Nationen stammend, Litauer, Polen, Ukrainer, Russen, Weißrussen, auch Umgesetzte aus den entlegeneren russischen Regionen sind dabei, und natürlich noch immer ein paar Deutsche, die die Vertreibung nach Kriegsende übrig ließ.



Volker Koepp nimmt sich viel Zeit bei seiner Reise durch das nördliche Ostpreußen, das nach der polititschen Wende zu einer russischen Enklave zwischen Polen und Litauen geworden ist. Scheinbar wahllos greift er sich seine Gesprächspartner aus den Menschen heraus, die ihm begegnen, er versteht es, ihnen die Befangenheit zu nehmen und sie zum Sprechen zu bringen. So erfährt man mancherlei über ihre Lebensweise, ihre großen und kleine Sorgen, ihre Hoffnungen und Befürchtungen. Von der Vergangenheit ist nicht allzuviel die Rede, die alten Leute haben sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Die Gegenwart fordert sie alle, vor allem die Jugend, aber die Ungewißheit über die Zukunft dieses Landes ist nicht zu übersehen und in den Gespächen nicht zu überhören. Manche wünschen sich die Deutschen zurück, bei denen sie glauben, es besser zu haben. Ein junges Mädchen vergleicht die Abgeschnittenheit von Mütterchen Rußland mit der Situation Alaskas im Hinblick auf Amerika. Immer neue Gesichter stellen sich der Kamera, es fällt auf, daß die Männer nur schwer zu Statements zu bewegen sind, die Frauen tun sich da leichter, äußern sich freimütig und der Autor ist klug genug, sie nicht mit Fragen zu bedränen, und läßt ihnen Zeit. Es wird auch viel geschwiegen, und mitunter sagt dieses Schweigen mehr aus als viele Worte.



Wenn dieser Film den Eindruck hinterläßt, dass es den Menschen im nördlichen Ostpreußen jetzt besser geht als in den ersten Nachkriegsjahren, wenn sie sich mehr und mehr auch auf Besuch aus Deutschland einstellen., dann zeigt er aber auch die Gründe auf: Es liegt an den Menschen selbst, daß sie aus ihrer Situation etwas zu machen verstehen. "Offizielle" Leistungen sind kaum erkennbar, weder in den Städten noch auf den Dörfern ist Bautätigkeit zu sehen. Die Kirchenruinen sind zu lebensgefährlichen Kinderspielplätzen verkommen. Da wirkt es um so tröstlicher, daß sich die Kamera immer wieder in die schöne, melancholische ostpreußische Landschaft begibt und Bilder liefert, die diesen "etwas anderen Heimatfilm", wie ein Ausschußmitglied es sagte, charakterisieren. Als wohltuend wird empfunden, daß nur ein Hauch von Musik diese Bilder begleitet und damit ihren etwas wehmütigen Reiz unterstreicht.



Einwände betreffen die Überlänge des Films, die gelegentlich dazu verführt, ins Unverbindliche abzugleiten und Einstellungen zu wiederholen.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Spielfilm
Regie:Volker Koepp
Drehbuch:Volker Koepp; Michael Elle
Länge:159 Minuten
Produktion: Bundesbeauftragte für Kultur*, Dokfilm, Gesellschaft für Film-, Video- und Fernsehprod. mbH, Potsdam

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Die "kalte Heimat", wie Ostpreußen von seinen Bewohnern früher mit kristisch-liebevollem Abstand genannt wude, ist nicht mehr so kalt wie einst und nicht mehr so abweisend, wie viele ihrer meist neu eingewanderten Bewohner meinen. Sie haben sich zusammengerauft, aus vielen Völkern und Nationen stammend, Litauer, Polen, Ukrainer, Russen, Weißrussen, auch Umgesetzte aus den entlegeneren russischen Regionen sind dabei, und natürlich noch immer ein paar Deutsche, die die Vertreibung nach Kriegsende übrig ließ.

Volker Koepp nimmt sich viel Zeit bei seiner Reise durch das nördliche Ostpreußen, das nach der polititschen Wende zu einer russischen Enklave zwischen Polen und Litauen geworden ist. Scheinbar wahllos greift er sich seine Gesprächspartner aus den Menschen heraus, die ihm begegnen, er versteht es, ihnen die Befangenheit zu nehmen und sie zum Sprechen zu bringen. So erfährt man mancherlei über ihre Lebensweise, ihre großen und kleine Sorgen, ihre Hoffnungen und Befürchtungen. Von der Vergangenheit ist nicht allzuviel die Rede, die alten Leute haben sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Die Gegenwart fordert sie alle, vor allem die Jugend, aber die Ungewißheit über die Zukunft dieses Landes ist nicht zu übersehen und in den Gespächen nicht zu überhören. Manche wünschen sich die Deutschen zurück, bei denen sie glauben, es besser zu haben. Ein junges Mädchen vergleicht die Abgeschnittenheit von Mütterchen Rußland mit der Situation Alaskas im Hinblick auf Amerika. Immer neue Gesichter stellen sich der Kamera, es fällt auf, daß die Männer nur schwer zu Statements zu bewegen sind, die Frauen tun sich da leichter, äußern sich freimütig und der Autor ist klug genug, sie nicht mit Fragen zu bedränen, und läßt ihnen Zeit. Es wird auch viel geschwiegen, und mitunter sagt dieses Schweigen mehr aus als viele Worte.

Wenn dieser Film den Eindruck hinterläßt, dass es den Menschen im nördlichen Ostpreußen jetzt besser geht als in den ersten Nachkriegsjahren, wenn sie sich mehr und mehr auch auf Besuch aus Deutschland einstellen., dann zeigt er aber auch die Gründe auf: Es liegt an den Menschen selbst, daß sie aus ihrer Situation etwas zu machen verstehen. "Offizielle" Leistungen sind kaum erkennbar, weder in den Städten noch auf den Dörfern ist Bautätigkeit zu sehen. Die Kirchenruinen sind zu lebensgefährlichen Kinderspielplätzen verkommen. Da wirkt es um so tröstlicher, daß sich die Kamera immer wieder in die schöne, melancholische ostpreußische Landschaft begibt und Bilder liefert, die diesen "etwas anderen Heimatfilm", wie ein Ausschußmitglied es sagte, charakterisieren. Als wohltuend wird empfunden, daß nur ein Hauch von Musik diese Bilder begleitet und damit ihren etwas wehmütigen Reiz unterstreicht.

Einwände betreffen die Überlänge des Films, die gelegentlich dazu verführt, ins Unverbindliche abzugleiten und Einstellungen zu wiederholen.