Kalmenhofkinder- ermordet und vergessen

Kurzbeschreibung

Bedrückende Dokumentation über die Heilerziehungsanstalt Kalmenhof bei Idstein/Taunus, wo zwischen 1940-45 über 600 Kinder, Jugendliche und Erwachsene umkamen - Vernichtung "unwerten Lebens".
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Nikolaus Tscheschner
Drehbuch:Nikolaus Tscheschner
Kamera:Gerhard Braun; Anton Klima; Alberto Montani
Schnitt:Johannes Beringer
Musik:C. P. Emanuel Brach; Paul Bley
Länge:141 Minuten
Verleih:Freunde der Deutschen Kinemathek
Produktion: Freunde der Deutschen Kinemathek e.V.

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Schicksalen von Menschen nachzugehen, die durch das Dritte Reich zu Randsiedlern gemacht wurde, ist heute zu einer besonders herausfordernden dokumentarischen Aufgabe geworden. Wer sich solchen Lebensläufen mit einem audiovisuellen Medium zuwendet, bedarf eines weit entwickelten Sinnes für Zwischentöne, die erst der tieferen Wahrheit Klang und Farbe geben. Denn die Erinnerungen, um die es hier geht, sind von der Art, in der das ganz persönliche Zeiterleben mit aller Konsequenz dem „Strukturmuster“ der damals Verantwortlichen untergeordnet.

Die hier nur skizzierten und viele andere Voraussetzungen bringt der Autor dieses Films in hohem Maße mit; er präsentiert eine Videodokumentation, die von überzeugender und sicher ganz bewussten Nicht-Professionalität gekennzeichnet wird. Mit unaufdringlichen, wenigen Fahrten führt er in die Situation des Kalmenhofes in Idstein ein, der in den Jahren des nationalsozialistischen Terrors zu einem Ort grausamen Verbrechens an vielen Kindern und Erwachsenen wurde. In größerem Zusammenhang des Vernichtungskapitels, das wir heute abgekürzt unter Euthanasie im Dritten Reich wiederfinden, sind hier unzählbare Lebensläufe im frühen Stadium vernichtet worden, die nun stellvertretend und beispielhaft von einigen Überlebenden vor der Kamera nacherzählt werden.

Dabei kommt eine Glaubwürdigkeit, eine Direktheit der Betroffenen zum Ausdruck, die von einer ungewöhnlichen Kunst des Fragenden im Umgang mit diesen Menschen Zeugnis ablegt. Der Autor kann sich ganz weit zurücknehmen und die Befragten selbst reden lassen, weil er offensichtlich eine sensible Vorarbeit geleistet hat, die grade diese Partner auf eine Weise zum Sprechen bringt, die sich in keiner anderen Dokumentation wiederfinden lässt. Dies spricht für eine Persönlichkeitsstruktur, die von hoher Affinität zum Schicksal der so Betroffenen gekennzeichnet wird.