Kagemusha - Der Schatten des Kriegers

Filmplakat: Kagemusha - Der Schatten des Kriegers

Jurybegründung

Dies in Formen, Farben und Kostümen, in Symbolen und Aktionen schwelgende Epos zeigt im individuellen wie im gesellschaftlichen Geschehen eine Zeitenwende: einerseits darin, dass ein toter Staatsmann durch einen Dieb gedoubelt wird, andererseits in dem Übergang zu einer neuen Kriegstechnologie. Indem Geschichte als Parallele zur Gegenwart akzentuiert wird, verlieren beide bei Kurosawa dennoch nicht ihre Vielschichtigkeit. Der Dieb, mit seiner Rolle sich identifizierend, wird zum Politiker, der in der Bewahrung des Status quo eines kriegerischen Patt Menschenleben rettet, die nach seinem Sturz von dem machthungrigen Nachfolger sinnlos verheizt werden. Die Identitätsfindung der Hauptgestalt führt — in einer von strengen gesellschaftlichen Regeln beherrschten Umwelt, der sich nur, als ein Stück Natur, das Leitpferd entziehen kann — zu einer Identitätskrise aller anderen Beteiligten. Die Bereitschaft, andere zu manipulieren und sich manipulieren zu lassen, erweist sich als elementares Moment gesellschaftlichen Zusammenlebens. Technologische (Reiter und Lanze gegen Gewehre) und ideologische Wandlungen (katholischer Priester) stoßen dabei auf eine Gesellschaft uralter Denk- und Handlungstraditionen, die dem Neuen von den technokratischen Aparatschiks der Generalität nicht angepaßt werden kann, weil sie an einmal etablierten und sanktionierten Grundsätzen festhalten. Gerade dieser Konservativismus rettet zwar vorübergehend Menschen vor der Kriegsfurie, liefert sie ihr aber schließlich desto grausamer aus. Der Traditionalismus erweist sich so im Staats-und Kriegsgefüge als Verhängnis. Diese Interpretation der von „Kagemusha" gezeigten geschichtlichen Vergangenheit aus der Gegenwart kann die von Kurosawa inszenierten Geschehnisse nur andeuten, kann gewiss auch die aus der kulturellen Distanz resultierenden Unverständlichkeiten der Realisation nicht wegdeuteln, kann aber immerhin die ausführlichen, in ihrer Gestaltung kaum jemals übertroffenen Schlachtenszenen als jenen Aktionismus deuten, der im kriegerischen Geschehen vor allem die „Schönheit" des Handelns, Tötens und Sterbens begreift. Auch in diesem Sinne kann der Film nicht als simpler Kriegs- oder Kolossalfilm verstanden werden. Wie sehr hier Schönheit als Verweis auf Interpretationsbedürftigkeit zu gelten hat, zeigt sich an der furiosen Bild-gestaltung der Innen- wie Außenaufnahmen, zeigt sich aber auch an der durch-gehenden Metapher vom Berg, der sich das Gesetz des Handelns nicht von außen aufzwingen läßt.
Prädikat besonders wertvoll

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Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Dies in Formen, Farben und Kostümen, in Symbolen und Aktionen schwelgende Epos zeigt im individuellen wie im gesellschaftlichen Geschehen eine Zeitenwende: einerseits darin, dass ein toter Staatsmann durch einen Dieb gedoubelt wird, andererseits in dem Übergang zu einer neuen Kriegstechnologie. Indem Geschichte als Parallele zur Gegenwart akzentuiert wird, verlieren beide bei Kurosawa dennoch nicht ihre Vielschichtigkeit. Der Dieb, mit seiner Rolle sich identifizierend, wird zum Politiker, der in der Bewahrung des Status quo eines kriegerischen Patt Menschenleben rettet, die nach seinem Sturz von dem machthungrigen Nachfolger sinnlos verheizt werden. Die Identitätsfindung der Hauptgestalt führt — in einer von strengen gesellschaftlichen Regeln beherrschten Umwelt, der sich nur, als ein Stück Natur, das Leitpferd entziehen kann — zu einer Identitätskrise aller anderen Beteiligten. Die Bereitschaft, andere zu manipulieren und sich manipulieren zu lassen, erweist sich als elementares Moment gesellschaftlichen Zusammenlebens. Technologische (Reiter und Lanze gegen Gewehre) und ideologische Wandlungen (katholischer Priester) stoßen dabei auf eine Gesellschaft uralter Denk- und Handlungstraditionen, die dem Neuen von den technokratischen Aparatschiks der Generalität nicht angepaßt werden kann, weil sie an einmal etablierten und sanktionierten Grundsätzen festhalten. Gerade dieser Konservativismus rettet zwar vorübergehend Menschen vor der Kriegsfurie, liefert sie ihr aber schließlich desto grausamer aus. Der Traditionalismus erweist sich so im Staats-und Kriegsgefüge als Verhängnis. Diese Interpretation der von „Kagemusha" gezeigten geschichtlichen Vergangenheit aus der Gegenwart kann die von Kurosawa inszenierten Geschehnisse nur andeuten, kann gewiss auch die aus der kulturellen Distanz resultierenden Unverständlichkeiten der Realisation nicht wegdeuteln, kann aber immerhin die ausführlichen, in ihrer Gestaltung kaum jemals übertroffenen Schlachtenszenen als jenen Aktionismus deuten, der im kriegerischen Geschehen vor allem die „Schönheit" des Handelns, Tötens und Sterbens begreift. Auch in diesem Sinne kann der Film nicht als simpler Kriegs- oder Kolossalfilm verstanden werden. Wie sehr hier Schönheit als Verweis auf Interpretationsbedürftigkeit zu gelten hat, zeigt sich an der furiosen Bild-gestaltung der Innen- wie Außenaufnahmen, zeigt sich aber auch an der durch-gehenden Metapher vom Berg, der sich das Gesetz des Handelns nicht von außen aufzwingen läßt.