Filmplakat: Just a Guy

FBW-Pressetext

Sich verlieben. Das ist ganz normal. Sich in einen verurteilten und inhaftierten Serienmörder zu verlieben, ist es nicht. Und doch ist es drei Frauen passiert. Eva, Sarah und Shoko sind allesamt der Faszination von Richard Ramirez erlegen. Dem Charisma seines Aussehens und dem Charme seiner Worte, von denen unzählige in seinen Liebesbriefen zu finden sind, die er den Frauen schickte. Für Eva war es definitiv Liebe. Sie besuchte Ramirez im Gefängnis, überlegte sogar, seinen Heiratsantrag anzunehmen. Für Shoko, die über Sarah den Briefkontakt zu Ramirez fand, war die Situation befremdlicher. In ihrem Anima-Dokfilm setzt sie sich nun als Filmemacherin mit dem sehr persönlichen Thema auseinander. Eva, Sarah und sie erzählen über ihre Beziehung zu Ramirez in intimen Interviews. Unterlegt sind diese Aussagen mit kraftvollen, originellen und assoziativen Bildideen. Das benutzte Material der Knete unterstreicht das abstrakt Schräge der Situation, hat aber auch etwas Körperliches, ein wichtiger Aspekte in der Beziehung zwischen Ramirez und den Frauen. Doch neben der seltsam irritierenden Faszination, die die Figur des „sexualisierten“ Serienmörders ausübt, verliert JUST A GUY nie seinen erzählerischen Kern aus den Augen: Die Empfindungen und Reflexionen der Frauen. Was haben sie gefühlt, warum haben sie sich verliebt? Der Film beantwortet die Fragen nicht, aber er nimmt die Emotionen ernst. Nicht nur wegen seines persönlichen Zugangs ist JUST A GUY genau deswegen einfühlsam und beeindruckend gleichermaßen.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Dokumentarfilm
Regie:Shoko Hara
Drehbuch:Simon Thummet
Schnitt:Tobias Wilhelmer
Musik:Chiara Strickland
Länge:15 Minuten
Verleih:Studio Seufz
Produktion: Studio Seufz GbR
FSK:16
Förderer:MFG Baden-Württemberg; BKM

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der amerikanische Serienmörder Richard Ramirez, auch bekannt als „Night Stalker“, hat mindestens vierzehn Menschen brutal ermordet, sowie zwei Dutzend weitere vergewaltigt und gefoltert. Dennoch hatte er - in lebenslanger Haft im San Quentin State Prison untergebracht - eine Reihe weiblicher Groupies, die ihn verehrten und in regelmäßiger Kommunikation mit ihm standen bis zu seinem Tod. Aus eigener Sicht war er „Just a Guy“. Auch die japanisch-deutsche Regisseurin Shoko Hara zeigte eine tiefe Faszination für Ramirez und hat zu seinen „Groupies“ Kontakt aufgenommen, darunter die Death-Rock-Ikone Eva O. und eine junge Sadomasochistin namens Sarah aus Deutschland, mit der Shoko Hara bekannt war. Diese Frauen schildern in Briefauszügen und persönlichen Kommentaren ihre Leidenschaft für Ramirez, wobei sie in ungewöhnlichen Knetanimationen visualisiert werden. Dabei ist der Kurzfilm sexualpsychologisch intensiv und teilweise explizit, grenzt sich aber dezidiert von einer pornografischen Tendenz durch die Animationsform ab. Die Geständnisform ist beklemmend direkt, während der Film audiovisuell eher auf atmosphärische Dichte baut. Regisseurin Shoko Hara vermittelt auf faszinierende Weise die Ambivalenz sexuellen Begehrens und entwickelt originelle Stilisierungen, um diesen drastischen Elementen Ausdruck zu verleihen. Die Knetanimationen können hier zugleich als reflektierende Distanz wie auch als Intensivierung des Ausdrucks betrachtet werden. Diese Radikalität und Originalität würdigt die Jury ausdrücklich.